Burkhard Spinnen: Und alles ohne Liebe – Theodor Fontanes zeitlose Heldinnen, Schöffling & Co. Verlag, Frankfurt a.M. 2019, 112 Seiten, €12,00, 978-3-8961-048-6
„ In STINE stirbt man noch an den Verhältnissen, in IRRUNGEN, WIRRUNGEN opfert man ihnen immerhin sein Lebensglück. Am Ende von FRAU JENNY TREIBEL aber ist nur der kleine Leopold der Gelackmeierte, und vielleicht ist er nicht einmal das.“
Wie liest man die Romane von Theodor Fontane heute? Was hat der Dichter vergangener Zeiten jungen Lesern – außerhalb der Schule – zu sagen? Burkhard Spinnen, ein bekannter deutscher Autor, unternimmt ziemlich salopp den Versuch, Fontanes realistische Romane, entstanden am Ende des 19. Jahrhunderts, im Licht unserer Gegenwart zu sehen.
„Unsere Gegenwart ist voller Effis, voller Lenes. Man muss sich nur aufmerksam umsehen, dann erkennt man sie.“
Beschrieben werden Fontanes Frauenfiguren und wie sie sich in ihrem Umfeld verhalten haben. Wodurch sind die zwischenmenschlichen Beziehungen geprägt, warum konnten die Frauen nicht glücklich werden und welchen Anteil hatten die gesellschaftlichen Konventionen an den Lebenssituationen der Hauptfiguren? In den einzelnen Kapiteln stellt er von Effi Briest bis Mathilde Möhring immer weibliche Protagonistinnen gegenüber, die sich in ihrem Schicksal gleichen. Burkhard Spinnen wählt die wohl bekannteste Romanfigur Effi von Instetten und vergleicht diese mit dem Schicksal von Cécile von St. Arnaud. Beide Frauen werden auf die eine oder andere Weise von ihren Müttern verschachert und können sich dagegen nicht wehren. So bleibt Effi immer das Kind, das ihre Mutter in ihr sehen möchte und Verharren Therese, Sophie und Manon im Roman „Die Poggenpuhls“ in ihrer selbstgewählten angestammten gesellschaftlichen Position, die ihnen ein trotz Stellung ein armseliges Leben beschert, so bewegen sich andere Frauen, wie z.B. Mathilde Möhring und erkennen, was zu einem selbstbestimmten Leben dazugehören könnte.
„ In der Literatur, und bei Fontane erst recht, geht es nie so sehr um die große Abstraktion, sondern vielmehr darum, wie sich konkrete Akteure verhalten und damit das große Ganze zum Erscheinen bringen.“
Eins ist klar, Burkhard Spinnen möchte die Leselust auf Fontanes Werke wecken und das gelingt ihm ohne Frage. Wäre nur zu hoffen, dass der Hype um Fontane 2019 nicht die Neugier auf seine Bücher im Keim erstickt.
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