Yvonne Woon: , Deine Seele in mir, Aus dem Amerikanischen von Nina Frey, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011, 480 Seiten, €16,95, 978-3-423-76038-6
„Ohne meine Eltern, ohne meine Freunde und mit dem untoten Dante fühlte ich mich so einsam, dass ich manchmal glaubte, ich würde es nicht ertragen.“
Es ist nicht leicht, dem alten Genre Fantasy frischen Geist einzuhauchen, geschweige denn völlig neue Ideen für einen originellen Handlungsverlauf zu entwickeln. Und so bedient sich die amerikanische Autorin Yvonne Woon für ihren Debütroman beim Mythos der alten überlieferten Wiederkehrer- und Schauergeschichten und kombiniert diese mit Krimielementen.
Beliebter Ort der Handlung ist wie so oft ein Internat, bei Yvonne Woon ist es die geheimnisumwitterte Eliteschule St. Gottfried in Maine.
Am Beginn jedoch steht ein seltsamer Todesfall in Kalifornien. An Renée Winters 16. Geburtstag geschieht ein tragischer Ereignis, dass für das Mädchen, obwohl alle an Herzversagen glauben, ein Rätsel bleiben wird. Ihre Eltern sterben plötzlich und unerwartet. Sie liegen im Wald, umgeben von Münzen und tragen Mull im Mund. Renée findet die beiden. Immer wieder wird die Ich-Erzählerin Renée Tierkadaver aufspüren, als zöge sie der Tod in ihre Nähe. Voller Trauer lässt sich Renée von ihrem strengen, wie reichen Großvater, zu dem sie wegen eines familiären Zerwürfnisses kaum Kontakt hatte, zu einem Schulwechsel von Kalifornien nach Maine umstimmen. Am Gottfried Institut erwarten Renée ungewöhnliche Fächer, wie Rohwissenschaften und Gartenbau und wie kann es anders sein, ein schweigsamer, aufregender und gut aussehender Junge namens Dante Berlin. Der seitenlange Verhaltenskodex des ehrwürdigen, wie traditionsreichen Instituts verbietet jedoch den Schülern romantische Beziehungen untereinander, was nicht heißt, dass diese nicht gesucht und gefunden werden. Die selbstbewusste Renée kann sich nur schwer in die engen Regeln der Schule fügen und stößt auch gleich mit den Aufsichtsführenden zusammen. Renée stellt fest, dass sich Dante mit seinen Freunden, die allesamt zum elitären Wächterkommitee der Schule gehören, verkracht hat.
Ein wichtiges Fach an der Schule ist Latein und Dante Berlin das absolute Sprachgenie. Für Renée ist die „Sprache der Toten“ ziemlich schwierig und als Renée und Dante sich näher kommen, ein guter Grund um ihre Treffen als Nachhilfeunterricht zu tarnen. Auch am St. Gottfried ist ein rätselhafte Mord geschehen und ein Schüler, Benjamin Gallow, an Herzversagen gestorben. Renée ahnt eine Verbindung zwischen dem Tod ihrer Eltern und Benjamins Ableben. Benjamins Freundin Cassandra hat die Schule angeblich verlassen, doch Renée bekommt bei ihren heimlichen Recherchen heraus, dass Cassie vom Wächerkommitee lebendig begraben wurde.
Immer ominöser werden Renées Erlebnisse an der Schule. Auch Dante ist ein undurchsichtiger, komplizierter Junge. Es scheint eine unsichtbare Anziehung zwischen Dante und Renée zu geben, mag es Liebe sein oder Seelenverwandtschaft. Er beteuert Renée seine Zuneigung, kann sie aber nicht küssen. Seine Haut ist kühl und Kälte scheint ihm nichts auszumachen. Er schläft nie und isst kaum.
Es dauert schon eine Weile, der Leser ahnt „Bis(s)“-geschult viel eher was los ist, bis Renée hinter das Geheimnis der Schule und einiger Mitschüler gelangen wird. Unterfüttert werden die haarsträubenden Geschehnisse mit einer verbotenen Schrift des Philosophen René Descartes ( der auch über die Unsterblichkeit der menschlichen Seele beschrieben hat), der sich offensichtlich mit den Wiederkehrern oder Untoten beschäftigt hat. Eine entscheidende Schlüsselfigur in der Geschichte wird Renées Großvater spielen. Nicht alles wird zur Gänze geklärt, was natürlich bedeutet, dass ein Folgeband nicht lang auf sich warten lassen wird.
Keine Frage, der Fantasyroman „Dead Beautiful“ ist unterhaltsam geschrieben, liest sich spannend und jagt ab und zu dem Leser eine Gänsehaut über den Rücken.
Die Liebesgeschichte gestaltet sich nicht sonderlich aufregend nach dem allzu bekannten Handlungsmuster: Eine unerfahrene Ich-Erzählerin trifft einen stillen, aber äußerst attraktiven Jungen. Doch in diesem Fall schillert nicht die männliche Figur, sondern Renée nimmt die Klärung der Morde selbst in die Hand.
Yvonne Woon erzählt ein modernes Schauermärchen, in dem die wahre Liebe die oberste Priorität hat. Folgt man Renées neuestem Erkenntnisstand über das Leben der Untoten unter uns, dann öffnet sich dem Mädchen noch ein reiches Betätigungsfeld.
Wenn sie auch vieles entschlüsseln konnte, wer Renées Eltern auf dem Gewissen hat, ist immer noch ungeklärt. Da ja Liebe selbstlos ist, wie uns die Autorin weismachen will, sind Renée und Dante nun als Untote vereint und voller Tatendrang.
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