Sabine Thiesler: Nachts in meinem Haus, Heyne Verlag, München 2017, 512 Seiten, €19,99, 978-3-453-26969-9
„Und plötzlich nahmen all die aberwitzigen Idee Kontur an. Was Tom in Wirklichkeit nie gewagt hätte, trieb René nun auf einmal voran. Und irgendwann würde es kein Zurück mehr geben. Das wurde Tom in diesem Moment klar, und er überlegte, ob er den Zug nicht vielleicht doch lieber aufhalten sollte. Er wusste es einfach nicht.“
Tom Simon ist eigentlich ein Glückspilz, er hat durch seine letzte Scheidung ein Geldvermögen geerbt und lebt nun mit der klugen, attraktiven Fernsehproduzentin Charlotte sorgenfrei in einem einsam gelegenen Haus in der Nähe von Hamburg. Als Kunstmaler ist er ziemlich erfolgreich, er hat eine Villa auf Sylt und einen illustren Freundeskreis. Ja, aber dann bringt er seine geliebte Frau bei ziemlich stürmischem Wetter zum Flughafen und hat nichts besseres zu tun, als seine Geliebte namens Leslie, die Ehefrau seines besten Freundes René, anzurufen. Sie treffen sich im Haus von Tom. Dies ist der erste Fehler einer Kette nun folgender falscher Entscheidungen, die am Ende zu einem blutigem Drama zwischen allen Beteiligten führen wird.
Als Tom in der Nacht Geräusche hört, greift er zu seiner Harpune unter dem Bett, denn in der Umgebung wurden Einbrecher gefasst und schießt auf den angeblichen Eindringling. Tom tötet seine Ehefrau, deren Flug abgesagt wurde. In heller Aufregung ruft er seinen Anwalt und besten Freund René an und bittet um seine Hilfe. Der allerbeste Freund wird, als er den Ohrring seiner Frau unter dem Bett findet, nun zu Toms ärgstem Feind. Allerdings vertraut Tom René und folgt seinem Plan ohne zu wissen, wie hinterhältig dieser ihn in die Falle lockt.
Tom flieht nach Italien, nach Cimessa und wohnt nun im Haus von René. Die Polizei sucht Charlottes Ehemann, denn er hat ihr angeblich die Hände auf dem Rücken gefesselt und sie offensichtlich umgebracht. Toms größtes Problem ist, dass er seine Kreditkarte nicht benutzen kann und von Renés finanziellen Zuwendungen abhängig ist. Leslie ruft Tom an, besucht ihn wie René und muss sich nun entscheiden, auf wessen Seite sie sich schlagen will. Klar ist, dass Tom mehr Geld hat und René durch die Investition in einen falschen Fond, sowieso in prekären Schwierigkeiten steckt.
Inzwischen hat der Leser, immerhin hat Sabine Thiesler einen backsteindicken Krimi geschrieben, Commissario Donato Neri kennengelernt. Er ist mit seinen Gedanken eher bei seiner Frau als bei der Arbeit. Sie hat sich einen neuen Liebhaber gesucht und will unbedingt mit ihm leben. Aber auch hier spielen finanzielle Erwägungen ein Rollen. Der entnervte, eifersüchtige und ziemlich kopflose Neri lernt sogar Tom kennen und die beiden verstehen sich ganz gut.
Für Tom jedoch wird die Luft immer dünner, er fühlt sich einsam in dem italienischen Kaff. Als René, Tom hat längst durchschaut, dass sein Freund es auf sein Geld abgesehen hat, aber er vertraut doch Leslie, auf die Idee kommt, dass Tom für Tod erklärt werden müsste, um an sein Vermögen zu gelangen, schmieden die beiden „guten Freunde“ einen teuflischen Plan. Und sie werden fündig. In Siena treffen sie auf einen deutschen Hippie, der Tom ziemlich ähnlich sieht und das Schicksal nimmt seinen Lauf.
Sabine Thiesler, bekannt durch ihre Bühnenstücke und Drehbücher für Fernsehkrimis, erzählt auf gut 500 Seiten einen spannenden Plot über die Brüchigkeit von Freundschaft und Abgründe, in die unbescholtene Bürger stürzen können. Sie weiß, keine Frage, kurzzeitig zu unterhalten. Als Autorin legt sie nicht viel Wert auf skurrile Besonderheiten ihrer Figuren. Zwar pendelt sie zwischen Hamburg und der Toscana hin und her, aber das gehört zur Handlung. Ihr Commissario Neri, der nicht gerade erfolgreich in diesem Fall mitarbeitet, ist kein Unbekannter für diejenigen, die gern Krimis von Sabine Thiesler lesen.
Sprachlich gefällig baut die Autorin auf schnelle Dialoge und treibt die Handlung eher durch die Aneinanderreihung von filmreifen Szenen zwischen den doch sehr eindimensionalen Protagonisten voran. Innere differenzierte Seelenzustände oder gar ausführliche Beschreibungen von Situationen, Gegenständen oder Landschaften sind nicht ihre Sache. Niveau – Vorabendprogramm!
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