Moa Eriksson Sandberg: Und plötzlich war der Wald so still, Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger, Beltz & Gelberg Verlag, Weinheim 2014, 188 Seiten, €12,95, 978-3-407-81179-0

„Meine ganze Angst und Traurigkeit fiel von mir ab. Aber tief im Inneren spürte ich noch immer die Berührung einer unerklärlichen Dunkelheit.“

Rydöbruk ist eine kleine Siedlung am Rand eines Waldes in der Nähe von Göteborg. Mitten im Sommer verschwindet die 13-jährige Linda Palm. Hanna, die Erzählerin dieser Geschichte, kannte das Mädchen aus ihrer Gymnastikgruppe und auch wenn der Ort so klein ist, gesprochen hat sie nie mit ihr. Alles ist in diesem Sommer irgendwie anders. Hanna feiert ihren 12. Geburtstag, aber ihr Vater muss als Lektor eines kleinen Buchverlages auf eine Messe fahren. Hanna ist genervt von Dag, ihrem kleinen Bruder, die Mutter Isabella versucht jünger auszusehen als sie wirklich ist und irgendwie liegt Streit zwischen den Eltern in der Luft. Als der Vater dann nicht mehr an den Wochenenden kommt und plötzlich die Freundin der Mutter auftaucht, ahnt Hanna, was los ist. Sie ist kein Kind mehr, das nackt am Badestrand herumhüpft. Ihre Mutter hat das endlich verstanden und ihr einen Bikini geschenkt.

Hannas Regel kündigt sich an und die Zeit der Verkleidungsspiele mit Jonna sollte eigentlich auch vorbei sein, naja fast. Aber sie fühlt sich auch nicht erwachsen, so wie ihre Freundin Sabina, die sich gegen ihre Mutter auflehnt und mit Jungs rumknutscht.

Vieles ist Hanna so unendlich peinlich, ob es nun ihre Gedanken an die eigene körperliche Lust sind oder Janek, den Neuen im Ort. Immer wenn sie ihn sieht, versagt ihre Stimme. Und dann sind da noch diese fiesen Typen, die Hanna ärgern und ausgerechnet mit Matte geht Sabina, die sich neuerdings nur für Modehefte und Klamotten interessiert. Die lebensfrohe Sabina übt auf die schüchterne Hanna indirekt immer Druck aus und sie ärgert sie, wenn sie die Gelegenheit dazu findet.

Hanna spürt, das es nicht richtig ist, über Freundinnen, wie z.B. Jonna hinter ihrem Rücken zu reden. Jedes Wort kann Hanna tief verletzten, so wie die bösartige Meinung von Matte über sie.

Und dann stellt sich heraus, das Linda vergewaltigt und ermordet wurde. Niemand kann es begreifen.

Moa Eriksson Sandberg beschreibt die Zeit der Veränderungen in Hannas Leben, die sie einfach nur verunsichern. Sie beobachtet die Erwachsenen, sie sieht sich selbst kritisch und würde sich am liebsten in einer Ecke verkriechen, aber sie ist auch neugierig, auf Janek und sich selbst. Die schwedische Autorin findet für Hanna und ihre Erlebnisse einen sehr eigenen, authentischen Ton, der genau das Lebensgefühl wiedergibt, das sicher viele junge Mädchen in diesem Alter spüren.

Alles was geschieht, wird intensiv erlebt, die eigene körperliche Entwicklung, die Reaktion der anderen und die eigene Sicht auf die Geschehnisse. Die Welt kann schon bei einem Wort untergehen. Früher konnte Hanna alles ihrem Vater, für den sie das einmalige Kind war, erzählen. Heute hat Hanna Geheimnisse, denn auch er hat welche. Und im Hintergrund lauert die Gefahr, das Gewalttätige.

Nie wird der Fall Linda Palm aufgeklärt, aber Hannas Eltern entschließen sich den einst so friedlichen Ort zu verlassen, und zusammen wieder in Göteborg zu wohnen.