Hélène Gullberg: Die Kunst des Tötens, Aus dem Schwedischen von Franziska Hüther, Deutscher Taschenbuch Verlag, Hardcover, München 2024, 416 Seiten, € 23,00, 978-3-423-28389-2

„Majja Skog hatte ganz sicher mehr zu bieten als bloße Nachlassschätzungen.
Karin nahm Majja Skog auf dieselbe Art in sich auf, wie sie sich sonst in Tatorte einfühlte, und sie brauchte sich nicht zu beeilen, sondern konnte in aller Ruhe ihr Objekt studieren, das sich in keiner Weise bewusst zu sein schien, dass es genauestens analysiert wurde. Majja war offenbar völlig vertieft in das Haus und den Moment, aber dennoch wachsam, als rechne sie mit einem Hinterhalt.“

Zwei äußerst interessante Frauen spielen in diesem spannenden Krimi neben der Liebe der schwedischen Autorin zur wahren Kunst die Hauptrollen: die Kriminaloberkommissarin Karin Klinga und die eigensinnige Majja Skog, in ihrem Fachgebiet spezialisiert auf Kunstfälschungen.
Als im opulenten Herrenhaus in Hammarnäs die Leiche des schwerreichen Reedereibesitzers und Kunstliebhabers Sten Hammar gefunden wird, kreuzen sich die Wege der beiden. Die Lesenden hat die Autorin mit etwas Vorwissen ausgestattet. Sten Hammar hatte in der Bauernscheune vom Vater von Majja in Uppland Kunstschätze, die eindeutig illegaler Herkunft und baltischer Provenienz sind, entdeckt. Und er hat die junge Majja getroffen, die ihm gerade durch ihre nervige Neugier und schnelle Auffassungsgabe aufgefallen ist. Majjas Vater, ein Alkoholiker, bittet nun Hammar, die mutterlose Jugendliche, die vom Bruder Peter, seinem Freund Tobbe und dem Vater an gewaltsame Übergriffe gewohnt ist, mit ihren Wissensdrang unter seine Fittiche zu nehmen. Sten Hammar wird nun das skeptische Bauernmädchen zu einer exzellenten Kunstexpertin ausbilden. Sie ahnt nicht, dass sie Objekt einer Wette ist, denn nicht umsonst bleibt ihr Verhältnis zu Hammar distanziert.
Angestellt am Auktionshaus Wallius arbeitet die kompromisslose Majja seit Jahren mit hohem Ansehen. Die Anfang Dreißigjährige weiß immer genau, ob ein Kunstobjekt eine Kopie oder ein Original ist. Doch Majja ist seltsam. Sie trägt Doc Martens und Lederjacke, kleidet sich in Schwarz, hat sich all ihre Haare abrasiert und fährt einen auffallend pinkfarbenen Lamborgini, den sie innigst liebt.
Zeitlich versetzt erfahren die Lesenden zwischen Gegenwart und der Zeit ab 1993, wie Majjas Ausbildung bei Hammar verlaufen ist.
Nun wird Majja ins Herrenhaus gebeten, um die Kunstsammlung von Hammar zu sichten, die sie ja schon bestens kennt, ohne dass Karin Klinga davon weiß. Durch ein sogenanntes Austauschprogramm soll die zweiundfünfzigjährige, etwas zu formelle Karin laut ihrem Chef Bengt etwas lockerer werden. Und so arbeitet die Polizistin nun in Norduppland und muss sich mit dem etwas gewöhnlichen neuen Kollegen Ricky Berggren abgeben. Da ist ihr der fachliche Austausch mit Majja schon viel lieber.
Als die routinierte Polizeiarbeit mit Befragungen und der Motivsuche beginnt, steht gleich zu Beginn die Suche nach der Tatwaffe. Majja vermutet, dass es ein historisches Gewehr sein könnte, dass über dem Ort, an dem die Leiche gefunden wurde, fehlt. Später wird das Gewehr im Misthaufen gefunden, wo alle Fingerabdrücke verätzt sind. Verschiedene Personen tauchen auf, die mit Sten Hammar engen Kontakt hatten. So ist da seine kranke Frau Lilly, die den Tod des Sohnes nicht verkraften konnte und ihr Bruder, der windige Anwalt Axel Cronhielm. Gefunden wird in einem Schließfach in der Bank auch eine Sammlung von Kunstwerken mit homoerotischen Motiven. Lang umkreist die schwedische Krimiautorin die Arbeit der Polizei und vor allem die, der Kunstexpertin und ganz nebenbei erfahren die Lesenden auch so einiges darüber, wie man Fälschungen von Originalen unterscheiden kann.

In immer neuen Wendungen werden im Herrenhaus Geheimnisse und Lebenslügen von Majja und Karin aufgedeckt, die letztendlich zum Motiv und zum Täter führen werden. Allerdings unterhält nicht die Spurensuche die Lesenden, sondern die Dynamik zwischen den Frauen und die interessante wie ausdauernde Leidenschaft von Majja für die Kunst.