A.J.Finn: End of Story – Der Mörder unter uns, Aus dem Englischen von Christoph Göhler, Blanvalet Verlag, München 2024, 528 Seiten, €17,00, 978-3-7645-0746-6
„Das Haus ist Styles, wo Poirot seinen ersten Fall aufklärte; es ist Baker Street 221B, die Wände voller pockennarbiger Einschusslöcher, die Fenster gegen die Londoner Nebelsuppe verschlossen. Es ist Manderley. Es ist die Wohnung von Piccadilly, in der sich Lord Peter Wimsey zum Detektiv stilisierte.
Es ist perfekt.“
Diverse Reminiszenzen und Verbeugungen vor Krimi-Klassikern erwarten die Lesenden bei dieser Lektüre und eine Handlung, in der geschickt Hinweise auf das dramatische wie verblüffende Ende gestreut werden.
Gleich zu Beginn wartet der Autor A.J. Finn mit einer unerkannten Leiche im Koiteich auf, die sechs Tage vor Handlungsbeginn gefunden wird und natürlich die Spannung der folgenden Kapitel erhöht.
Im Zentrum der Geschichte stehen zum einen die ambitionierte Dozentin und Krimi – Expertin Nicky Hunter und zum anderen der bekannte und reich gewordene Krimiautor Sebastian Trapp, der hochbetagt und todkrank in San Francisco lebt. Er wünscht sich ein Erinnerungsbuch und dieses soll Nicky für ihn verfassen. Natürlich weiß die junge Frau, dass Sebastian Trapp in einem riesigen wie unheimlichen Haus lebt, das tragische Geschichten erzählen könnte. Denn am Silvesterabend 1999 sind Trapps erste Frau Hope und sein Sohn Cole verschwunden. Zwar wurde Sebastian Trapp als Mörder von der Presse verdächtigt, allerdings konnte niemand ihm etwas nachweisen. Freundlich aufgenommen von Trapps zweiter bildschönen Frau Diana, wird Nicky im leicht angestaubten Kinderzimmer des verlorenen Sohnes Cole einquartiert. Nicky lernt weiterhin Madeleine, die Schwester von Cole kennen, die durch den Verlust von Mutter und Bruder ihr Jurastudium nicht weitergeführt hat und sich nun als Autorin versucht. Und dann ist da Simone, die Schwägerin von Trapp, und sein angeblich nichtsnutziger Neffe Fred. Pikanterweise hat Trapp mit Diana die einstige Assistentin von Hope geheiratet, die wie seine erste Frau ebenfalls Engländerin ist. Nicky hat nun die Aufgabe, mit allen Menschen in Trapps Umgebung Interviews zu führen, auch mit seinem damaligen Assistenten, Isaac Murray.
Als erfolgreicher Krimiautor hat sich Sebastian Trapp einen Romanhelden ausgedacht, der Simon St. John heißt und als jovialer Aristokrat im England der 1920er Jahre lebt und natürlich hat auch er einen Hund namens Watson. Nicht nur in seinen Krimibänden, sondern auch im Leben Trapps häufen sich Unglücke, denn auch Sebastians Bruder Dominic ist bei einem Autounfall mit Fahrerflucht verstorben. Nach und nach erfährt Nicky, dass der vierzehnjährige Cole keine wunderbare Kindheit hatte und seinem Vater nichts recht machen konnte. Zwar war er mit Fred befreundet, aber dieser konnte oder wollte ihn nicht vor Mobbing und der Missachtung der Mitschüler retten. Cole war mit Dyslexie geschlagen, liebte es Schmetterlinge zu formen, d.h. Origami war seine Leidenschaft und er verachtete alles, was Jungen so trieben. Auch in den privaten Filmaufnahmen der Trapps konnte man beobachten, wie tief die Enttäuschung des Vaters über den Sohn saß und wie dieser an ihr litt.
Doch dann geschehen so nach und nach seltsame Dinge, die in diesem Haus eigentlich vorprogrammiert sind. Nicky findet Coles Tagebuch, Magdeleine erhält von einer Person, die sie für Cole hält, Nachrichten aufs Handy und es wird immer deutlicher, dass Sebastian und Hope keine glückliche Ehe geführt haben. Und dann, nach einer traditionellen Party im Hause Trapp wird die Leiche im Teich entdeckt.
Auch wenn dieser Roman gut einhundert Seiten kürzer sein könnte, fesseln die diversen Familiengeheimnisse der Trapps die Lesenden, die nicht aufgeben sollten und unbedingt bis kurz vor dem sensationellen Ende dranbleiben müssen, bei einer Geschichte, die für Sebastian Trapp mehr ist als eine Inspiration zu einem neuen Krimi sein könnte.
Spannende Auflösung – atmosphärisch unheimlich vom Feinsten!