Susan Kreller: Salzruh, Schöffling & Co., Frankfurt a.M. 2023, 272 Seiten, €24,00, 978-3-89561-029-5

„Jetzt sitzen auch die Wirtin und das alte Zimmermädchen im Frühstücksraum, zu zweit haben sie den Ohrensessel eingenommen, sie sollen Veronika bloß nicht zu nahe kommen. Wie todbringende Königinnen sitzen sie in der Ecke und herrschen, Maria Rosa thront auf der Sitzfläche, während sich Oda Prager auf einer der Armlehnen niedergelassen hat. Beide blättern sie gelangweilt in Schnellheftern, nur selten, ab und zu, blickt eine mit boshaft funkelnden Augen nach oben.“

Irgendwo in der Altmark, im Totenland oder Moränenland, befindet sich der Ort Salzruh, ein ausgedehnter Wald und die Pension Bertoldi. In der Nähe, Leute aus der DDR erinnern sich, ragte das FDGB-Heim Rudolph Breitscheid wie ein Schloss über die Landschaft.

Angesiedelt im Jahr 2018 sollte in dieser Geschichte der Gedanke an die DDR eigentlich weit genug weg sein, aber weit gefehlt. Schaut man in die Pension Bartoldi dann scheint die Zeit still zu stehen. Nichts ist verändert. Neun Personen sind nun die Gäste der Pension und alle haben den Flyer gefunden, in dem die Inhaber der Pension mit einem guten Preis die Übernachtungen empfehlen. Doch dann geschieht etwas sehr Ungewöhnliches. Die ziemlich unsympathische, achtzehnjährige Wirtin der Pension bittet die Gäste, das Haus nicht zu verlassen. Angeblich sei irgendetwas mit der Luft außen und als Schutzmaßnahme solle man doch bis zum nächsten Tag bleiben. Aus diesem nächsten Tag wird jedoch eine Woche, ein Monat….

Gibt es zu Beginn noch Proteste, u.a. von dem einstigen Direktor einer Schule, der sein Amt nach der Wende abgeben musste, seine Frau verloren hat und nun eigentlich durch eine Anzeige eine neue Frau kennenlernen wollte. Die einen nehmen alles klaglos hin, auch das Ehepaar Trommer, dass trotz Reisefreiheit noch nie über den Tellerrand geschaut hat. Die schmuddelige Pension mit ihren unsauberen Fenstern ohne Internetempfang, allerdings mit Telefon und einem Röhrenfernseher entpuppt sich nun als Gefängnis. Unter den Gästen ist ein junger, stiller Mann, der sogar Chemiker ist. Er wundert sich, warum ständig von Schutzmitteln gesprochen wird.

Melancholie breitet sich aus und Lesende fragen sich, was das für eine Geschichte ist. Eine Schauergeschichte, die gruselig und voller Ödnis an das fade Leben in der DDR erinnert, wo auch niemand es gewagt hat, das Vorgegebene in Frage zu stellen.

Pampig und unhöflich ist die junge Wirtin, genau so wie ihr uraltes Zimmermädchen. Im Befehlston herrscht Oda über die Gäste, denen sie weismacht, dass derjenige, der das Haus verlässt, nicht mehr zurückkehren kann. Jördis Graf ist mit ihrem zehnjährigen Jungen Petja gestrandet. Sie versucht ihren Ex-Mann telefonisch zu erreichen, aber nichts passiert.

Die Leute in der Pension haben nicht genug Sachen dabei, die Bäder haben Schimmelflecken und Familie Trommer feiert seine Goldene Hochzeit im Frühstücksraum der Pension. Allerdings hat Herr Trommer nicht damit gerechnet, dass seine Frau ihm seinen Fehltritt im FDGB-Heim öffentlich unter die Nase reiben wird. Und dann verlässt doch das junge Paar die Pension und was bleibt, ist die Frage, was ist mit ihnen geschehen. Der Clou, sie dürfen nicht zurück!

Trotz wunderbarer literarischer Sprache, die Susan Kreller geradezu zelebriert und die ganz besonders ihre Kinder- und Jugendbüchern bereichert, macht dieser Roman unendlich schlechte Laune, denn die literarischen Figuren sind kaum fassbar, kaum sympathisch oder extrem unsympathisch. Die alltäglichen wundersamen Rätsel werden nicht entschlüsselt, alles ist zähflüssig, undurchschaubar und man möchte den Leuten sagen, lasst euch nicht von einer jungen Frau tyrannisieren, nehmt die Dinge selbst in die Hand und hinterfragt konsequent den Stand der Dinge. Hängt nicht immer an der Vergangenheit und lasst diese alten DDR – Sprüche, sondern schaut nach vorn! BITTE!