Simon Mason: Running Girl, Aus dem Englischen von Karsten Singelmann, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek beim Hamburg 2019, 460 Seiten, €14,99, 978-3-499-21830-9

„Singh sank in seinen Sessel zurück, und ein Zittern lief über sein sonst so beherrschtes Gesicht. Für einen Moment war nicht klar, ob er Garvie achtkantig rausschmeißen oder weinend zusammenbrechen würde.“

Inspektor Raminder Singh hat es nicht leicht. Er muss sich profilieren, als Sikhs auch an seine Gebete denken und einen Mörder jagen. Und wer kommt ihm ständig in die Quere, ein Sechzehnjähriger mit einem zugegeben extrem hohen IQ und schlechten Manieren. Garvie Smith ist stinkfaul, hat ein völlig zugemülltes Zimmer und sollte eigentlich für seine Prüfungen lernen. Seine alleinerziehende Mutter steht kurz vor einem Nervenzusammenbruch und weiß, jeglicher angedrohter Hausarrest ist völlig sinnlos. Garvie hängt gern mit seinen Kumpels ab, trinkt und kifft.

Als jedoch das attraktivste Mädchen der Schule, Chloe Dow, tot aufgefunden wird, stellt die Polizei alles auf den Kopf. Garvie war kurze Zeit mit Chloe zusammen und er weiß, dass sie nicht sonderlich beliebt war, auch wenn alle jetzt so tun, als sei sie wunderbar gewesen. Immer wieder hat sie von Modellverträgen erzählt, von Partys und der großen weiten Welt.
Sie kommt vom Joggen nicht zurück und Garvie kann sich erinnern, dass sie den Ort, an dem sie ermordet wurde, im Dunkeln immer gemieden hat.

Garvie beginnt auf seine Weise, parallel zur Polizei, zu ermitteln. Als er herausfindet, was Zoe angeblich beim Joggen getragen hat, entstehen erste Zweifel. Immer wieder hat ihr jemand ihre Sachen geklaut und offenbar hatte sie einen Stalker, der sich im Garten der Familie Dows versteckt hat. Doch wie kann es sein, dass sie so hässliche Laufschuhe an dem Freitag ihres Todes trug? Das passt nicht. Dann wird immer wieder von einem Porsche berichtet, der angeblich in der Nähe des Hauses gesehen wurde. Und dann ist da noch Alex, der Ex-Freund von Zoe, der ihre Ablehnung irgendwie nicht verkraften konnte und dieser aufdringliche Hausmeister der Schule, der Zoe offensichtlich beobachtet hat.
Zoes Mutter und ihr Stiefvater, mit dem sie sich oft gestritten hat, sind verzweifelt. Er hat sogar, als sie nicht heimkam, noch die Strecke abgefahren.
Eins ist sicher, in Zoes Leben gab es viele Geheimnisse. Die Eltern ahnten nicht, dass sie als Erwachsene verkleidet in Clubs und Casinos gegangen ist. Mit wem hatte sie dort Kontakt? Was wurde ihr versprochen?
Ärgerlich ist auch, dass Garvie immer einen Tick schneller beim Aufdecken der Ungereimtheiten im Leben der Toten ist. Inspektor Singh informiert Garvies Mutter, aber diese weiß sich einfach nicht mehr zu helfen, denn sie ahnt, dass sich Garvie selbst in Gefahr bringen könnte.
Immer wieder gibt es Verhaftungen, aber auch in den Text eingefügte kurze Verhöre führen nicht zum gewünschten Erfolg. Als Singh endlich glaubt, den Täter überführt zu haben, macht ihm Garvie mit einer kurzen Bemerkung alles wieder zunichte. Der Polizeipräsident tobt als Singh diese Niederlage zugeben muss.

Spannend liest sich dieser ganz klassische „who-dun-it“- Krimi für Jugendliche, in dem sich zwei sehr unterschiedliche Protagonisten begegnen. Garvies Ignoranz den Sorgen seiner Mutter gegenüber ( auch sie führt ein kurzweiliges Verhör mit ihrem Sohn ) und auch denen des Ermittlers sind seinem Alter geschuldet. Sein analytisches Denken und vor allem sein Wissen über Chloes Verhalten helfen ihm natürlich den Fall zu lösen.
Sicher lockern die Verhörszenen die Handlung auf, aber auch ein paar Umwege bis zur Lösung des Falls hätte der Autor verzichten können und den Krimi etwas straffen.
Trotzdem – unterhaltsam geschrieben und für junge Leser auf jeden Fall interessant!