Kirsten Fuchs: Mädchenmeute, Rowohlt Verlag Berlin, Berlin 2015, 464 Seiten, €16,99, 978-3-87134-764-1

„Dieser Abend mit Inken am Feuer, wo wir Brennnesselsuppe mit Würstchen aßen, war der letzte Abend meines bis dahin normalen Lebens, so ganz normal ist dieser Abend aber auch nicht. Er war genau dazwischen. Wie eine Schwelle zwischen zwei Zimmern. Vom Kinderzimmer ins Jugendzimmer, oder von der Diele nach draußen.“

Charlotte Nowak erinnert sich an den Sommer, der alles veränderte. Nach diesem Sommer wird sie nicht mehr hektisch rot, wenn sie etwas öffentlich sagen muss, sie ist erwachsen geworden.

Als Charlottes Mutter der unsicheren Fünfzehnjährigen eröffnet, dass sie in ein Ferien-Fun-Survival-Camp fahren wird, ist diese skeptisch. Alles, was sie über das Camp erfährt, wirkt auf den ersten Blick so kindisch. Allein der Name „Pfiffige Eichhörnchen“ klingt eher aus der Kindheit ihrer Eltern als besonders modern. Die Alternative wäre ein Besuch bei der Oma und so wagt Charlotte den Sprung ohne das lebenswichtige Handy und wird ihn nicht bereuen.
Sieben Mädchen gehören zur Überlebenstruppe und Treffpunkt ist ein stillgelegtes ehemaliges DDR-Ferienlager. Die Anführerin der künftigen Pfadfinder heißt Inken und spielt eine dubiose Rolle. Sie soll den Mädchen beibringen, wie man im Wald ohne Hilfe überleben wird. Aber dann ist Inken verschwunden und die Mädchen sind anfänglich sogar ohne Gepäck auf sich gestellt.


„Es kam also vieles in Frage, nur nach Hause fahren – das kam nicht in Frage. Ein Abenteuer konnte man nicht abbrechen, wenn man erst beim A angekommen war.“

Anouschka schlägt den Mädchen vor, in ihre Heimat ins Erzgebirge zu fahren. Dort gäbe es unterirdische Stollen im Wald, ideal für ihr geplantes Abenteuer. Antonia, Bea, Yvette, Freigunda und Rike stimmen zu. Auf ihrem Weg befreien die sieben dann auch noch angeblich gequälte Hunde und schon sind sie nicht mehr allein.

Dass sie im Wald auch noch von Jungen beobachtet werden, erschließt sich ihnen erst später. Plötzlich erkennen die Mädchen, dass sie nun eigenverantwortlich die Dinge in die Hand nehmen müssen. Jede hat ihr Gebiet. Freigunda kennt sich gut mit Hunden aus, Anouschka ist für die Heilkräuter zuständig, die wilde Bea, die Herumtreiberin, für die Orientierung und die Entscheidungen, Antonia kennt sich mit dem Wetter aus. Rikes Gebiet ist das Essen. Sie sammeln aber auch Pilze, machen Feuer, schlafen im Schlafsack und halten vor allem Nachtwache.

„Man war erwachsen legte ich fest, wenn man nachts auf andere aufpassen konnte.“

Aber die Mädchen ziehen auch als kleiner Trupp in den Ort, um mal etwas zu kaufen oder auch zu klauen. Es kommt, wie kann es anders sein, zu Auseinandersetzungen. Bea gibt den Ton an, Antonia als die jüngste nervt zeitweilig und die ruhige Charlotte wundert sich, dass die anderen ihr vertrauen. Bei einer Tour in den Ort erfahren die Mädchen, dass sie von der Polizei gesucht werden. Allerdings glaubt diese auch, dass die sieben Inken umgebracht haben. Die Mädchen werden zum Medienereignis und jeder fragt sich, was mit den sieben wohl geschehen sein mag.

„Ich empfand mein Leben gar nicht wie mein Leben. Es erinnerte nichts mehr daran, wie es war. Ich begann, anders zu riechen.“

Kirsten Fuchs hat einen aufregenden Abenteuerroman mit überraschenden Wendungen geschrieben, der sicher nicht nur Mädchen begeistert. Charlotte jedenfalls resümiert ihre Zeit mit der Mädchenmeute im Wald als entscheidenden Entwicklungsschub. Nicht nur ihr Blick aufs Leben, sondern auch die Wahrnehmung ihrer eigenen Person hat sich gewandelt.