Jasper Fforde: Die letzte Drachentöterin, Aus dem Englischen von Isabel Bogdan, One, Verlag Bastei Lübbe, Köln 2015, 252 Seiten, €14,99, 978-3-8466-0005-4

„Ich runzelte die Stirn. Ich hatte keine Ahnung, was Drachen mit mir zu tun haben sollten. Zambini war der Meinung gewesen, dass sie mit der Magie zusammenhingen, aber das tat ich ja nicht. Ich konnte nicht zaubern. Ich managte die Sache nur, das ist ja ein himmelweiter Unterschied.“

Die Welt in Ununited Kingdom ist auf das Quarktier gekommen und mit ihr all die Kraft der Zauberer. Die Magie hat sich mit den Jahren verdünnisiert und all der Ruhm ist kläglich verblasst. Die Zauberei ist sozusagen eine sterbende Branche.

Die fünfzehnjährige Jennifer Strange, ein Findelkind, hat nun die Geschäfte des Mr Zambini im Reich von King Snodd IV. im Zauberkunstmanagment der Agentur Kazam übernommen. Zambini hat sich in Luft aufgelöst und sein etwas heruntergekommenes Haus beherbergt aber immer noch 45 Zauberer, die Arbeit benötigen. Aber die Auftragslage ist bei all dem bürokratischen Fallen äußerst schwierig. Sogar die Teppichflieger, die nicht als Taxiunternehmen starten dürfen, sondern nur Pizza oder Organe ausfahren, müssen alle möglichen Vorschriften und Formulare ausfüllen, um nicht straffällig zu werden. Jennifers Ideen jedoch gehen nie aus. Jetzt versucht sie die Zauberer mit ihren Fähigkeiten im Heim- und Gartengeschäft unterzubringen, d.h. Maulwürfe aus Gärten verbannen, für Lagerhäuser Dinge verkleinern, verlorene Gegenstände wiederfinden oder Elektrik neu verlegen. Die Bezahlung ist nicht besonders, die Arbeit weit unter der Würde der Magier, aber leben und essen wollen alle.
Traditionell kommt ins Haus der Magier, vermittelt durch einen Klosterorden, ein Findelkind ohne magische Kräfte. Dieses Mal ist es ein Junge, Tiger Prawns. Er ist glücklich über sein selbstreinigendes Zimmer und den neuen Job. Jennifer und Tiger unterliegen einem Kontraktarbeitszeitvertrag, der sie bis zu ihrem 18. Lebensjahr bindet.

Nicht weit vom Zaubererhaus entfernt, liegt das Drachenland. Präkogniker, sogenannte Seher, behaupten, dass der letzte Drache bald sterben wird. Allerdings sind auch ihre Fähigkeiten ziemlich eingeengt und die Wahrscheinlichkeit, dass ihre Voraussagen stimmen, eher zu bezweifeln.\r\nAlle Drachen, die im Drachenland leben und sich angeblich vor hunderten von Jahren per Abkommen mit dem großen Magier Shandar geeinigt haben, sind an Altersschwäche gestorben. Nur Maltcassion ist noch übrig. Drachen sind gefährliche Wesen, die am liebsten Menschen fressen. Wenn sich Drachen etwas zu schulden kommen lassen, darf der Drachentöter eingreifen. Nur er kann das Land der Drachen mit seinem Schwert Exhorbitus betreten.

Wie der Zufall es nun will, ist ausgerechnet Jennifer die Auserwählte, die als Drachentöterlehrling Brian Spalding in seiner schweren Arbeit zur Seite stehen soll.

Doch der führt schnell einen Crash-Kurs im Drachentöten durch und verabschiedet sich in den wohlverdienten Tod. Jennifer steht nun allein mit Tiger und ihrem Quarktier, das grausig aussieht, aber eigentlich nur spielen oder ganze Hundefutterdosen mit allem Drum und Dran vertilgen will, allein vor einer schwierigen Aufgabe. Da der Drache nichts Böses getan hat, besteht kein Grund ihn zu erstechen. Jennifer wird nun als berühmte Frau von den Medien und der Wirtschaft mit ihren Eigeninteressen überrannt. Sie soll Werbung für Frühstücksflocken machen oder in Sendungen auftreten. Jeder will unbedingt nach dem Tod des Ungeheuers ein Stück von seinem Land, und das sind immerhin 350 Quadratmeilen, ergattern. Auch der äußerst unsympathische König Snodd versucht Druck auf Jennifer auszuüben. Aber als Drachentöterin ist sie unantastbar.

Heimlich fingieren nun die Mächtigen im Land angebliche Drachenvergehen, die mit dem Tod geahndet werden sollen.

Die gerechtigkeitsliebende und zum Glück nie bestechliche Jennifer ist besorgt, was passiert, wenn der letzte Drache wirklich verschwindet. Ist dann auch die Magie tot oder entzündet sich neue Energie, wenn sie eingreift?

Zum Glück ist Jennifer eine zuverlässige und integre Person, die erkennt, dass der letzte Drache nichts Schlechtes im Sinn hat.

Aber der Habgierzauber hat das ganze Land erfasst und Jennifer muss sich mit fiesen Attacken von allen Seiten auseinandersetzen. Dabei hatte sie gedacht, ihr größtes Problem sei der Drache.

Alle ironischen Anspielungen auf die Fantasyliteratur und die bestehende britische Gesellschaft, mit denen der englische Autor Jasper Fforde spielt, sind durchaus witzig, ob es nun um den Hang der Menschen zur Bürokratie mit all ihren Formularen und Vorschriften geht, um die Presse- und Medienlandschaft mit ihren Werbeeinnahmen und Einschaltquoten oder die Verehrung des Königreiches, samt aller Erwartungen an absolute Loyalität. Spannend ist die Geschichte um die sympathische Jennifer, die nie mit ihrem Schicksal hadert und emsig ihren Job erledigen will, ob nun als treue Geschäftsführerin der Agentur Kazam oder als zweifelnde Drachentöterin. Zum Glück spricht der Autor nie von Jennifers heimlicher Begabung und er bettet seine Geschichte auch nicht eine rührselige Liebesstory.

Witzig, temporeich und gesellschaftskritisch ist diese hintergründige Geschichte um Macht und Habgier, in der kaum Zauber geschehen können, denn die Große Magie kommt nicht von allein. Sie muss durch eine lang geplante Kraft geweckt werden und die steckt in Jennifer, doch sie weiß nichts davon.