Robert Galbraith: Böses Blut – Ein Fall für Cormoran Strike, Aus dem Englischen von Wulf Bergner, Christoph Göhler und Kristof Kurz, Blanvalet in der Penguin House Verlagsgruppe, 1194 Seiten, €26,00, 978-3-7645-0768-8

„Sie waren Freunde, er hoffte, sie würden immer Freunde bleiben, und hatte den Verdacht, die beste Garantie dafür sei nun mal, einander nicht nackt zu sehen.“

Nichts kann so schwierig sein, wie einen Fall nach vierzig Jahren wieder zu bearbeiten, den die Polizei längst zu den Akten gelegt hat. Der mittlerweile sehr bekannte Privatdetektiv Cormoran Strike und seine beste Mitarbeiterin Robin Ellacott jedoch nehmen diese sehr arbeitsintensive Herausforderung an. Margot Bamborough, die damals neunundzwanzigjährige Mutter der Auftraggeberin Anna Bamborough, ist einfach so an einem Abend in London verschwunden. Anna war ein Jahr alt als dies geschah und die Polizei vor eine unlösbare Aufgabe stellte. Zeitgleich trieb ein Frauenmörder, der gern Frauenkleider trug, sein Unwesen. Nach seiner Verhaftung gab er jedoch diesen Mord nicht zu.
Parallel zum Fall Margot Bamborough muss die Detektei allerdings noch andere Observierungen tätigen und fremdgehende Männer oder Erpresser enttarnen.
Hinzu kommt, dass Strikes Tante, bei der er aufgewachsen ist, im Sterben liegt. Strike fährt nun ständig zwischen London und Cornwall hin und her und kämpft wie immer mit seinen Gefühlen für Robin. Er ist und bleibt ein unfreundlicher Zeitgenosse, der sich oft selbst im Weg steht. Neuerdings versuchen seine Halbgeschwister und sogar sein berühmter Musikervater, Kontakt zu ihm aufzunehmen, was ihm äußerst missfällt. Robin ziehen immer noch die finanziellen Querelen herunter, die ihre Scheidung von Matthew mit sich bringen. Der neue Mitarbeiter, Saul Morris, geht Robin mit seine schleimigen Art, auch er lebt in Scheidung, auf die Nerven und das Wetter in England sorgt für noch mehr schlechte Laune.
Strike und Robin arbeiten sich durch die Akten der Polizei und gehen auf die Suche nach Mitarbeitern der Arztpraxis, in der Margot als Ärztin gearbeitet hat. Sie durchflügen Margots Leben, spüren ihren ersten Freund auf, reden mit allen, die noch nicht tot sind und die Margot an diesem besagten Tag, dem 11.10.1974 gesehen haben. Jede Kleinigkeit ist wichtig. Es wird recherchiert, es gibt E-Mail Austausche, Telefonate und letztendlich Treffen, die gut laufen oder auch nicht. Der damalige Ermittler Talbot wurde von dem Fall abgezogen, da er unter einer Psychose litt. Strike und Robin beschäftigen sich mit seinen Aufzeichnungen, die eher den Notizen eines Wahnsinnigen ähneln. Mit Hilfe der Astrologie glaubte der lang im Polizeidienst arbeitende Talbot, den Fall zu lösen.
Die Polizei hatte die Alibis geprüft und konnte keinen wahrhaft Verdächtigen dingfest machen. Der Kleinwagen des Frauenmörders wurde angeblich in der Nähe des Pubs, den Margot anvisierte, gesehen und so stand er als Täter fest. Allerdings wurde nie eine Leiche gefunden.
Das Motiv für den Mord, sollte es nicht der Frauenmörder gewesen sein, bleibt im Dunkeln. Margot war eine resolute, gerechtigkeitsliebende Ärztin, die sich aus ärmlichen Verhältnissen stammend Bildung angeeignet hatte und auch noch gut mit einem angesehenen Arzt verheiratet war.

Detailliert seziert die Autorin, die wie wir alle wissen J.K.Rowling ist, den erkalteten Kriminalfall.
Die Leser gewinnen einen Einblick in das Leben Margots, lernen ihren Charakter kennen, ihr Leben vor der Ehe, ihre möglichen Geheimnisse. Neben haarkleinen Auflistungen der Lebensläufe unzähliger Personen, genauester Beschreibung der Tötungsarten des psychopathischen Frauenmörders und diversen Aussagen und Erinnerungsszenen aller Beteiligten fließt auch etwas vom Zeitkolorit der 1970er Jahre ein. Wie erging es den Frauen damals, wenn sie trotz Kinder arbeiten wollten? Welchen Stellenwert hatten sie und ihre Arbeit im Angesicht von männlichen Kollegen, die wenig Verständnis für feministische Ideen hatten?

Nichts gegen dicke Schmöker, aber dieser Kriminalroman fordert die volle Aufmerksamkeit und Geduld eines jeden Fans von Strike oder Rowling. Es scheint so, als würde kein Lektorat sich mehr trauen, der berühmten Potter-Autorin die Stirn zu bieten. Auch wenn die Handlung absolut chronologisch verläuft, kann der Leser sich in der Menge der Geschehnisse, Erinnerungen und aufgereihten Fakten völlig verlieren. Zweifelhaft natürlich auch die Tatsache, dass man sich als Zeuge oder auch nur am Rand Beteiligter nach vierzig Jahren wohl kaum noch an die Geschehnisse eines Tages glaubwürdig erinnern kann.
Ambitioniert und doch zu verworren!