Katrine Engberg: Blutmond, Aus dem Dänischen von Ulrich Sonnenberg, Diogenes Verlag, Zürich 2019, 469 Seiten, €24,00, 978-3-257-07058-3

„Sein Tod war alles andere als friedlich gewesen. Heftiges Erbrechen, der blutende und sich auflösende Mund. Dieser Augenblick, an dem die Schmerzen unerträglich wurden, er aber außerstande war, um Hilfe zu rufen. Die Panik in den Augen, die blanke Angst bei einem Menschen, der begriff, das er sich von innen auflöste. Das Entsetzen.“

Diese grausamen Todesqualen erleidet unweit des Geologischen Museums der stadtbekannte schwule Modedesigner Alpha Bartholdy im bitterkalten Januar und er wird nicht das einzige Opfer in Kopenhagen bleiben, dass gnadenlos mit einem Cocktail aus Abflussreiniger und Alkohol hingerichtet wird. Jeppe Kørner und Anette Werner werden als Polizeiassistenten dem Fall zugeordnet und können nicht ermessen, welche Qualen die Auserwählten durchmachen. Erschwerend kommt für Jeppe Kørner noch hinzu, dass sein guter Freund Johannes Ledmark sich auf der Party, die Alpha Bartholdy verlassen hatte, mit ihm unter Zeugen extrem gestritten hatte. Doch Johannes Ledmark, ein berühmter Schauspieler, verweigert jegliche Aussage. Im Zuge dieser Geschichte wird Ledmarks Beziehung zu seinem Mann den Bach hinuntergehen, denn Alpha hat Johannes mit Hepatits – C angesteckt, was einen Aidstest nach sich zieht und es wird herauskommen, dass Ledmark Bartholdy viel Geld überwiesen hatte. Kurz vor seinem Tod musste Alpha Bartholdy vor seinen Investoren zugeben, dass sein Kosmetikprojekt Pleite gegangen ist. Ein gewisser Søren Westi hatte seine Finger im Geschäft und offenbar hat er den ahnungslosen Bartholdy über den Tisch gezogen. Seltsame Figuren mit eigenartigen Macken umkreisen die Reichen und Prominenten und hören und sehen so einiges.

Als Jeppe Kørner, hier stellt sich ein Bezug zum ersten Kriminalfall „Krokodilwächter“, Esther de Laurenti, die Frau, die einst Kriminalromane geschrieben hat und nach einem brutalen Überfall aufgehört hatte, und ihren Mitbewohner besucht, beginnt diese zu recherchieren. Und sie wird fündig. Es gibt eine Radiosendung Mads & das Monopol für Promis, an der Hörer sich mit ihren persönlichen Problemen und Fragen beteiligen können. Alpha Bartholdy nahm als Berater teil, das zweite Mordopfer, die Sängerin Christel Toft, war dabei und sogar Johannes Ledmark. Auf ihn wird ein ebenfalls ein Anschlag verübt, aber durch die schnelle medizinische Hilfe kann er überleben.
Nach und nach kreist die Polizei nur noch um einen Fall und die Motive für die grausigen Morde werden immer klarer.

Wie immer verfolgt Katrine Enberg nicht nur ein psychologisch spannendes Thema, sie kreist auch wie immer um menschliche Schwächen und Abgründe. Es geht um Eifersucht, Hybris und Betrug, aber auch um Verrat und Lügen.
Jeppe Kørner hat sein persönliches Tief, die Trennung von seiner Frau, überwunden und sogar eine junge Freundin gefunden. Wie es mit ihr weitergeht, steht in den Sternen, denn Jeppe Kørner ist in einer schwachen Stunde mit seiner Kollegin Sara Saidani ins Bett gegangen. Niemand hatte dies sicher geplant, aber Jeppe fühlte sich bei ihr am Abendbrottisch mit den beiden Töchtern so wohl, wie in einer Familie, dass er einfach nicht gehen konnte.
Die immer leicht ruppige Anette Werner hat auch so ihre Probleme, sie glaubt, das die Familienkrankheit nun auf sie übergegangen ist und sie Herzprobleme bekommen wird. Sie fühlt sich müde, immer hungrig und erleidet sogar einen Schwächeanfall. Glücklich mit ihren Hunden und ihrem Mann, der ihr jeden Wunsch von den Augen abliest, staunt die Kommissarin nicht schlecht, als nach der Blutuntersuchung herauskommt, dass sie schwanger ist.

Diese Kombination aus knallhartem und nicht immer angenehmem Fall und den privaten Dramen der Ermittler macht die Romane von Katrine Engberg so lesenswert.
Zum Glück beginnt auch Esther wieder zu schreiben und sicher erscheint auch bald wieder ein neuer Kriminalroman.