Holly Grant: Anastasia McCrumpet und der Tag, an dem die Unke rief, Aus dem Amerikanischen von Ursula Höfker, cbt, Random House Verlag, München, 352 Seiten, €14,99, 978-3-570-16352-8

„Fiese alte Schachteln!, dachte Anastasia finster.“

Die elfjährige Anastasia hat es nicht leicht. Ihre Mutter ist eine laute, unerträgliche Nervensäge, die sich nicht mal ihr Frühstück allein machen kann. Ihr Vater ist ein fast durchsichtiger Mensch, der Mitgefühl hat, aber irgendwie kraftlos ist.

Anastasia jedoch führt auch kein ereignisreiches Leben. Sie ist eher etwas ungeschickt, sie hat hundertsiebenundzwanzig Sommersprossen, mausbraunes Haar und mausbraune Augen. Aber Anastasia hat ein gutes Herz und das ist wohl das allerwichtigste. Und das Mädchen mag Miss Apple, die Bibliothekarin, die ihr immer den neuesten Francie-Droplet-Krimis reserviert.
Während die Geschichte weiterläuft, scheint ein guter Geist den Leser anzusprechen. Ein bisschen Beruhigung benötigt er auch, denn Anastasia gelangt in eine wirklich seltsam bedrohliche Lage.

Eines Tages stehen zwei Großtanten von Anastasia vor der Tür und behaupten, dass sie das Kind abholen sollen. Miss Sned, die Frau mit der durchgehenden Augenbraue, der sogenannten Monobraue, übergibt die zweifelnde Anastasia. Allerdings hat Anastasia soweit sie weiß gar keine Tanten. Angeblich sind die Eltern des Mädchens im Krankenhaus. Schnell wie der Wind verfrachten Rimrose und Prude das Kind im Auto und fahren sie nach St. Marter, einem ehemaligen Irrenhaus, aber immerhin alten Herrenhaus aus viktorianischer Zeit. Gruselig sieht es hier aus, alles ist feucht und ungemütlich. Das Haus jammert und schreit und seltsame Schlösser sind überall zu sehen. Und dann behaupten die Tanten auch noch, dass Anastasias Eltern gestorben seien.

Anastasia ist totunglücklich, nicht unbedingt wegen ihrer Mutter, aber ihren Vater vermisst sie schon sehr.

Kalt sind die Hände der Tanten, die eklige Zähne aus Metall zeigen, als Anastasia es wagt nach einer Zahnbürste zu fragen. Kerzen müssen angezündet werden, wenn es dunkel ist. Das Essen schmeckt grausig und Anastasia greift sich schon mal eine Motte, wenn der Hunger zu groß wird.
Als Anastasia die Tanten belauscht und erkennt, wie schlecht sie von ihr reden, ist ihre Neugierde geweckt. Was hat es mit all diesen Porträts von Kindern auf sich? Wer ist der Junge mit dem Käfig auf dem Kopf, der mit Anastasia Kontakt aufnehmen will? Angeblich, so behaupteten die Tanten, würde er beißen.

Hinterhältig haben die Tanten Anastasia in dieses unheimliche Haus gelockt und das Mädchen weiß, sie braucht Verbündete und Hilfe. Angeblich bedroht die Tanten irgendetwas von außen. Sind diese beiden gruseligen Frauen Kinderkidnapper?
Eines findet Anastasia, die doch ziemlich mutig ist, heraus. Der Junge mit dem Käfig heißt Quentin Trockenbrot und er hat einen Bruder, Olli, der ein Schattenkind ist.
Und dann taucht auch noch Baron von Bilgewerth auf, der angeblich die Mäuseplage beseitigen will. Aber eigentlich gekommen ist, um Anastasia zu retten.
Doch wem kann das Mädchen nach all diesen Tantengeschichten noch trauen?

Seltsam skurril, in der Tradition von Roald Dahl und vielen anderen englischen Autoren wie Chris Priesley oder David Walliams, erzählt die Amerikanerin Holly Grant eine Abenteuergeschichte der ganz anderen Art mit märchenhaften Elementen. Anastasia erprobt ihre detektivischen Fähigkeiten und versinkt doch in einem wirklich gruseligen Haus, in dem sie auf gammeligen Matratzen liegen muss und Nachttöpfe zum Inventar gehören. Als würde die Autorin gegen die rosarote Mädchenwelt anschreiben und eine Protagonistin in den Mittelpunkt rücken, die so gar nichts kann und doch am Ende triumphiert.