Natasha Korsakova: Tödliche Sonate – Ein Fall für Commissario Di Bernardo, Heyne Verlag, München 2018, Seiten, €9,99, 978-3-453-42267-4

„Di Bernardo hatte keine Ahnung, was die Musikstücke anbelangte, geschweige denn, was die Abkürzung BWV heißen mochte. Als er sie zusammen mit der Zahl 60 in den Computer eingab, landete er bei einer Kantate. Derselbe Komponist, ein anderes Stück.“

Als erfahrene Violinsolistin lässt Natasha Korsakova ihren ersten Krimi im Musikmilieu spielen. Die knallharte und angesehene Musikagentin, Cornelia Giordano, die nun in dritter Generation ihr Business in Rom betreibt, wird hinterrücks und zeitlich wohl durchdacht mit präzisem Messerschnitt ins Jenseits befördert. Sie konnte kurz vor ihrem Tod den Mörder noch sehen und im Gesicht der Toten steht noch deren Überraschung geschrieben. Kein leichter Fall für Commissario Dionosio Di Bernardo, der kürzlich aus Kalabrien in Italiens Hauptstadt gezogen ist. Zum einen interessiert er sich nicht sonderlich für klassische Musik und kennt kaum die Gepflogenheiten der Branche, zum anderen kämpft er mit seinen Pfunden und braucht doch seine tägliche Ration Zucker, um mit diesem komplizierten Fall und dem Druck der Staatsanwaltschaft klarzukommen. Ein Trost ist sein Sohn Alberto, der zu gern beim geschiedenen Papa unterkommt und sich beruflich einfach nicht entscheiden kann, allerdings hat er mit seinen siebzehn Jahren noch Zeit.

Parallel zum aktuellen Fall erzählt die Autorin die Geschichte einer Violine, die vom wohl berühmtesten Geigenbauer aus Cremona, Antonio Stradivari, gebaut wurde.
Beim Befragen des Umfeldes der Musikagentin wird klar, diese Frau hat nur für ihre Arbeit gelebt und ihre Familie, die sie in allem unterstützt hat. Ihr ältester Sohn arbeitet ebenfalls als Musikagent, der jüngste Sohn Boris ist allerdings das schwarze Schaf in der Familie und saß wegen Drogenmissbrauchs im Gefängnis. Besonders protegiert wurde die Nichte von Cornelia Giordano, Arabella. Allerdings wird diese kurz nach dem Tod der Tante von einer unbekannten Person überfallen und geschlagen. Durch die Kopfverletzung setzt ihr Erinnerungsvermögen aus. Dass sie offensichtlich in Gefahr ist, verstehen Di Bernardo und sein Kollege Ispettore Del Pino, die sie jedoch zum Kreis der Verdächtigen zählen. Wie schnell man in der Musikwelt ein Chance bekommen kann und eiskalt fallen gelassen wird, erfahren die beiden Polizisten bei ihren Recherchen. Wie wacklig die Musikwelt aufgestellt ist, insbesondere durch die neuen Medien, ist ein Aspekt den die Autorin nicht vergisst auszuführen.
Auch aus der Sicht des Mörders gewinnt der Leser einen Einblick in den Blutrausch, in den der Täter sich langsam hineinsteigert. Ein zweiter Mord an einer Prostituierten geschieht und sogar die Polizeipsychologin gerät in Gefahr.

Im Zentrum der Geschichte steht jedoch die Violine als kostbares Instrument, die aus dem Hause Stradivari schon mal 30 Millionen Euro kosten kann. Da Arabella eine schlechte Kritik verkraften musste, wollte sie unbedingt ein anderes Instrument für ihre Konzertabende. Als sie im Streit das Haus der Tante verließ, konnte sie nicht ahnen, dass der Mörder bereits lauerte.

Ausführlich wird berichtet, wie Instrumentenbauer ihre Kreationen „verbessern“ können. Allerdings war Arabella mit allen Ergebnissen nie zufrieden.
„Inspiriert wurde ich beim Schreiben auch von meinem geliebten Geigenmodell: eine herrliche J. B. Vuillaume aus dem Jahr 1870, eine präzise Kopie der „Messias“, die zur Privatkollektion meines Lebensgefährten Manrico Padovani und mir gehört“, erzählt die Autorin, die in Deutschland lebt.

Der Leser gewinnt nun Einblicke in die Musikwelt, die Werkstatt von Geigenbauern und die ermüdende Polizeiarbeit, die in diesem Fall nicht so recht vorankommen will. Der sympathische Commissario kämpft gegen den Verkehr in Rom, seine Lust am Essen und die nervigen Vorgesetzten. Und er lässt sich von der arroganten Art der „Künstler“ gegenüber der Polizei nicht kleinmachen, dabei gewinnt er der Musik der Violine doch einiges ab.
„Es schien, als würde die Geige singen und sprechen und dabei – wenn auch nur für wenige Minuten – das Geheimnis ihres einzigartigen Klanges vor den Zuhörern entfalten. Plötzlich schien es Di Bernardo, als spräche die Seele selbst durch die Musik: Er hörte Leid und Freude, Träume und Verzweiflung, die sich im endlosen Klangfluss miteinander vermischten.“

Immer mehr konzentriert sich Di Bernardi bei seinen Ermittlungen auf den Geigenbauer Maninfior, der offenbar hinter ein Geheimnis gelangt war. Er versuchte an die Geige Arabellas zu gelangen, doch dann liegt er getötet in einer Glasvitrine.

Leider zerfällt die Geschichte in zu viele Einzelteile, die Geschichte um die fiktive Zwillingsgeige aus dem Hause Stradivari, die Kopien und Geschichten der anderen berühmten Geigen, die Blutgier des Mörders, das Privatleben des Commissarios, die vor Geschichte nur so strotzende Stadt Rom und die verübten Morden. Sicher bleibt der interessierte Leser an der Geschichte dran, denn bis fast zum Schluss ist nicht klar, wer der Mörder sein könnte. Aber wie immer spielen Gier, Eifersucht und zugleich auch Liebe die entscheidende Rolle in diesem musikalischen Drama.