Gudrun Skretting: Mein Vater, das Kondom und andere nicht ganz dichte Sachen, Aus dem Norwegischen von Gabriele Haefs, Carlsen Verlag, Hamburg 2017, 255 Seiten, €14,99, 978-3-551-58370-3

„ Und irgendwann, ehe ich einschlafe, habe ich es begriffen: Ich bin doch verliebt. In meine beste Freundin. Und habe nicht die winzigste Chance auf der Welt.“

Der zwölfjährige Anton Albertsen mit den großen Ohren hat es nicht leicht. Immerhin befindet er sich in seiner ersten wahren Lebenskrise, und wenn er zu Hause die Tür öffnet, liegt da nur ein Zettel vom Vater ( die Mutter ist bei einem Unfall ums Leben gekommen ) mit dem Hinweis auf die Tiefkühlpizza. Seit Anton weiß, dass er sein Leben einem gerissenen Kondom verdankt, freut er sich nicht sonderlich auf seinen Schulvortrag über Verhütung. Die einzige, die Anton wirklich zuhört, ist Ine, seine beste Freundin. Und wenn Anton das richtige Familienleben betrachten möchte, lädt er sich bei seinem besten Freund Ole ein. Hier befindet sich die Kleidung schön ordentlich zusammengelegt im Wäscheschrank, der Staub liegt nicht meterdick auf den Möbeln, es gibt ordentliches Essen, wie z.B. Zimtschnecken und niemand muss die Elektrikerin holen, weil man die Stromrechnung nicht bezahlt hat. Antons Vater, Pål, Vertreter für Ferienhaustoiletten, ist nicht gerade eine Frohnatur und besonders liebevoll ist er auch nicht. Er arbeitet entweder lang oder liegt vorm Fernseher. Ine und Anton beschließen, dass Pål unter Menschen muss. Sie melden ihn gleich mal, bei einem Strickkurs an und schon hat er eine Frau kennengelernt, die dicke, mannstolle Ulla. Allerdings ist Anton von dieser Bekanntschaft nicht gerade hingerissen, dabei haben Ine und Anton mit Hilfe von diversen Frauenzeitschriften Antons und Påls Wohnung ( Wenn man nur Kerzen anzündet, sieht man nicht so den Dreck im Zimmer. ) so richtig gemütlich gemacht.

Und Anton und Ine beraten über die besten Tipps, ebenfalls aus den Zeitschriften, um Eltern, die sich nicht mehr lieben, wieder verliebt ineinander zu machen. Angeblich hat eine Cousine von Ine da so ihre Probleme. Aber eigentlich ist dem Leser schnell klar, dass Ines Eltern gemeint sind. Nur Anton steht wie immer auf dem Schlauch. Dabei kennen sich Anton und Ine seit dem Kindergarten und sind zusammen auf dem Brett von Baum zu Baum immer höher balanciert. Und doch verändert sich so vieles zwischen ihnen. Ine balzt mit dem blödesten Jungen in der Klasse und steht gar nicht mehr zu Anton, der in Rasierwasser gebadet hat, um gut zu riechen. Und dann fragt auch noch Ole beim Spiel „Wahrheit oder Pflicht“ vor allen, ob Anton in Ine verknallt ist. Ja, gut Freunde sollen ehrlich sein, aber Anton kann es einfach nicht sagen.

Um Ulla loszuwerden, entwirft Anton einen Annonce für seinen Vater, die er an allen möglichen schwarzen Brettern verteilt. Zu blöd, dass die Frauen nun bei ihm zu Hause anrufen, denn Pål denkt natürlich, dass die Frauen sich für seine Hüttentoiletten und sechs Meter lange Urinablaufschläuche interessieren, denn dafür hatte auch er eine Annonce aufgegeben.

Beim Lesen dieses Buches gibt es viel zu lachen, denn einige Situationen, in die Anton oder Pål ganz unfreiwillig rutschen, sind wirklich komisch. Und dann wieder sind da die wunderbar ernsten Momenten, wenn Anton seinem Vater wirklich helfen will, wiedermal an seiner Freundschaft zu Ine zweifelt oder Ole alles gut meint und trotzdem das Falsche sagt. Mit viel trockenem Humor erzählt die Norwegerin Gudrun Skretting vom Alltagsleben von Pubertierenden, die so nach und nach Neuland betreten. Aber auch die Erwachsenen zeigen auf sympathische Weise ihre Schwächen in dieser unterhaltsamen Geschichte.