Jonathan Stroud: Lookwood & Co. – Das Flammende Phantom, Aus dem Englischen von Katharina Orgaß und Gerald Jung, cbj, München 2016, 512 Seiten, €19,99, 978-3-57015964-4

„Vor uns stand das Flammende Phantom, die Gestalt aus Feuer und Rauch, die wir auf dem Friedhof beobachtet hatten. Und sie war kein Geisterwesen, sondern ein Mensch. Ein ganz gewöhnlicher, lebendiger Mensch in einem Eisenpanzer.“

Die Zeiten in England haben sich nicht geändert. Immer noch beherrschen die Geister die Menschenwelt und die freiberuflichen jugendlichen übersinnlichen Ermittler gehen des Nachts ihren Geschäften nach. Lucy Carlyle hat sich von der Agentur Lockwood & Co. verabschiedet und sich selbstständig gemacht. Ihr Auftragsbuch ist gut gefüllt und doch fühlt sie sich einsam. Ihr einziger Gefährte ist der Wispernde Schädel, der mit seinen fiesen Sprüchen die Handlung aufmischt. Leider verschwindet er in diesem Band für einen gewissen Zeitraum und fehlt nicht nur Lucy, die das nie zugeben würde, sondern auch dem Leser. ( In gewisser Weise erinnert der Wispernde Schädel vom Typ Drei mit seinen respektlosen Kommentaren an den 3000 Jahre jungen Dschinn Bartimäus, der wohl bekanntesten Figur von Jonathan Stroud. )

Lucy, die die Gabe des Hörens hat, nur sie vernimmt die frechen Worte des Schädels und die Geräusche der anderen Geister, riskiert ihr Leben für die Agentureigner, die alle Erwachsene sind und ihre übersinnlichen Fähigkeiten verloren haben. Ihren Widerspruchsgeist muss das Mädchen ziemlich zügeln und vor allem auch ihre Alleingänge, wenn Teamarbeit angesagt ist. Doch dann steht sie wieder ihrem alten Bekannten Lockwood gegenüber, in dessen kleiner Agentur sie sich am wohlsten gefühlt hatte. Allerdings glaubt Lucy, dass sie Lockwood schaden könnte. Alle anderen denken jedoch, sie wäre eifersüchtig auf Holly, die neu in die Agentur aufgenommen wurde. Lockwood, George, Holly und Lucy nehmen jedenfalls einen speziellen Auftrag der wohl angesehensten Agentur von Penelope Fittes an. Sie sollen den Menschenfresser-Geist von Solomom Guppy in Ealing, West-London vernichten.

Wenn es allzu spannend wird, dann trinken alle wie gute Engländer erstmal einen Tee. Dann holen sie ihre Eisenspäne oder Salze heraus und hoffen, dass der Geist sie nicht austrickst und sie in der Geistersiche umkommen. Sie führen ihren Auftrag aus und lassen den ausgelöschten Geist, und alles was von ihm noch übrig ist, vernichten.
Und hier wird es spannend, denn Artefaktejäger scheinen es u.a. auch auf den Wispernden Schädel abgesehen zu haben. Wenn der Geist nicht verschwindet, bleibt auch seine Quelle erhalten und damit könnte man ein riesiges Loch erschaffen.

Als Lockwood & Co. sich auf die Suche nach dem Schädel machen und gleichzeitig noch Geister in einem Dorf jagen, in dessen Nähe die unmittelbare Konkurrenz ihrer Auftraggeberin, das Rotwell-Institut, Experimente durchführt, wird klar, hier laufen seltsame Dinge ab. Lockwood kann es gar nicht erwarten, sich im Institut mal umzusehen. Allerdings stellt auch Lucy fest, dass ihr ehemaliger Chef keine Grenzen mehr kennt und akzeptiert. Er spielt mit seinem Leben und dem der anderen. Neben vielen seltsamen Geistern, die sich im Dorf herumtreiben, entdecken die Agenten das Flammende Phantom, dass beim Erscheinen Tote erwecken kann. Kurzzeitig findet Lucy ihren Schädel im Rotwell – Institut, muss ihn aber wieder zurücklassen, um ihr Leben zu retten. Hinter dem Flammenden Phantom verbirgt sich jedoch kein Geist, sondern ein Mensch, das Produkt einer bedrohlichen Entwicklung.

Welchem Geheimnis die Agentur Lookwood & Co. auf die Spur kommt, wird nicht ganz aufgeklärt. Am Ende jedoch wartet ein fantastischer Cliffhanger auf den lesenden Fan, der alles aus der Perspektive von Lucy erfährt.