Gytha Lodge: Neben wem du erwachst, Aus dem Englischen von Sepp Leeb und Kristian Lutze, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2021, 397 Seiten, €16,90, 978-3-455-01229-3

„Louise Reakes war zu diesem Zeitpunkt nirgendwo zu sehen, und es war klar, dass sie weg war. Plaskitt und sie hatten sich demnach nicht vor dem Club kennengelernt, und es war so gut wie ausgeschlossen, dass er ihr gefolgt war. Wie kam es dann, fragte sich Hanson, dass er in ihrem Bett gestorben ist?“

An einem kalten Märztag in Southampton findet die 28- jährige Louise Reakes einen toten Mann in ihrem Garten. Den Abend davor hatte sie sich mit ihrer besten Freundin April zu einem Umtrunk zu Hause getroffen. Wer dieser Mann sei, würde sie nicht wissen. Die Ermittler Juliette Hanson, DCI Jonah Sheens, Domnall O’Malley und Ben Lightman stehen vor einem Rätsel.
Louise ist zu diesem Zeitpunkt seit fünf Jahren mit Niall, einem Pharmavertreter verheiratet, der beruflich in Genf weilt. An ihn wendet sich Louise, denn sie schreibt ihre Erinnerungen auf.
Sie hat keine Ahnung, was wirklich geschehen ist. Der Leser und die Leserin weiß allerdings, dass der Tote, Alex Plaskitt, ein homosexueller, groß gewachsener Fitnesstrainer, dessen Youtube-Videos erfolgreich kursieren, mit einem Messer im Bauch tot in ihrem Bett lag.

Schon seit längerem ist Louise von einem bestimmten Alkoholpegel abhängig, um sich wie in einem Schwebezustand wohl zu fühlen. Nur so, denkt sie, ist sie als Person nicht langweilig. Als Harfenistin arbeitet Louise freiberuflich. Sie weiß, dass ihr Mann Naill ihre Trunksucht verachtet, und dass er hoch verschuldet ist. Wovon Louises beste Freundin April ihren luxuriösen Lebensunterhalt bestreitet, weiß niemand.
Im Wechsel des personalen Erzählers, der auf die Ermittlungen schaut und der Ich-Perspektive von Louise konstruiert Gytha Lodge nun einen spannenden Fall, in dem es um Schein und Sein, gesellschaftliche Statussymbole, geschickt eingefädelten Drogenhandel und vor allem die Frage geht, wer hat Alex Plaskitt ermordet und vor allem: warum?

Wie schon in den Bänden davor ( Siehe: www.karinhahnrezensionen.com/lese24 ) kreist die Geschichte auch um die einst toxische Beziehung zwischen Juliette Hanson und ihrem Ex-Freund Damian. Er lauert ihr immer noch auf und versucht über E-Mails an ihre Vorgesetzten, ihren Ruf zu schädigen. Als er sich vertrauensvoll in einem Pub sogar Juliettes Freund Jason, ebenfalls Polizist, nähert und dieser mit ihr über ihr Verhalten sprechen will, beendet sie kategorisch die Beziehung.

Durch immer neue Erkenntnisse und Louises langsam zurückkehrende Erinnerungen wird klar, wie dieser Abend verlaufen sein könnte. Aber immer noch fehlen Puzzleteile. Nach Louises Verhaftung stellt sich heraus, dass ihr Mann viel früher in Southampton war, als behauptet. Welche dubiose Rolle spielt April und in welcher Beziehung standen Alex und Louise wirklich? Dass April und Louise noch in einem Nachtclub waren, ist Tatsache. Doch was ist auf dem Weg nach Hause geschehen? Und warum sollte Louise Alex, der eindeutig nicht gewalttätig ist und schon gar nicht auf Frauen, die nicht immens reich sind, steht, töten?
Für Louise wird diese „Scheißgeschichte“ alles in Frage stellen, denn Naill, der offenbar immer noch ein Verhältnis mit seiner alle manipulierenden Ex-Frau Dina hat, ist nicht gewillt, mit ihr zu sprechen und scheint ihr auch den Mord zuzutrauen.

Keine Frage, auch dieser Krimi von Gytha Lodge ist wieder von der ersten bis zur letzten Seite aufregend. Durch den Wechsel der Erzählperspektiven schaut man tiefer in das Leben der angeblichen Mörderin und erkennt, wie sehr Menschen sich von Äußerlichkeiten leiten lassen, um einfach nur geliebt zu werden.