Jaqueline Woodson: Alles glänzt, Aus dem amerikanischen Englisch von Yvonne Eglinger, Piper Verlag, München 2021, 203 Seiten, €22,00, 978-3-492-07041-6

„Damals konnte Iris noch nicht weiter sehen – Schwangerschaft, dann die Geburt, dann ein Baby.Sie hatte nicht an die Schande gedacht, die ihre Familie dazu zwingen würde, aus Bushwick fortzuziehen. Hatte nicht daran gedacht, dass das Baby zum Kind heranwachsen und dieses Kind eines Tages so alt werden würde wie sie jetzt – und noch älter.“

Er soll festlich sein, der Debütantinnenball für die sechzehnjährige Melody. In einem weißen Kleid schreitet sie 2001 auf ihren Vater Aubrey zu und gleichzeitig in die Welt der Erwachsenen. Doch vorher hat sie viele Fragen, insbesondere an ihre Mutter Iris. Warum hat Iris mit gerade mal 16 Jahren ein Kind bekommen? Warum hat sie sich nach der Geburt weit von ihrem Baby entfernt, um in Ohio aufs College zu gehen? Was hat Iris und Aubrey auseinandergetrieben? Gesorgt haben letztendlich Aubrey, und das voller Liebe, und Iris‘ Eltern für die kleine Meldody.
Mal im Zwiegespräch, dann aber auch multiperspektivisch erzählt Jaqueline Woodson von einer schwarzen Familie, die gutsituiert ein Kind aufgezogen hat. Mussten die Urgroßeltern sich noch mit rassistisch extremen Attacken auseinandersetzen, so lebt die folgende Generation mit mehr Selbstbewusstsein in der amerikanischen Gesellschaft. Heißt es nicht, wie die Autorin in ihrem Roman zitiert: „Auch ich singe Amerika ..“ in einem Gedicht von Langston Hughes.
Iris und Aubrey kennen sich seit Kindheitstagen und ihre sexuelle Annäherung scheint eher wie ein naives Spiel zu sein. Iris kämpft um ihr Baby, doch ahnt sie nicht, was es heißt, wirklich Mutter zu werden. Einem Puzzle gleich muss der Leser sich die chronologischen Handlungsabläufe in dieser Familiengeschichte zusammensetzen und wird dabei doch sehr gefordert.
Immer sind es doch die großen Gefühle, die verhandelt werden und diese kann Jaqueline Woodson
in ihrer Geschichte bestens zum Glänzen bringen. Alles andere, schaut man in die Gegenwart, ist für People of Color in den USA nicht glänzend.
In einem Interview sagte Jaqueline Woodson, dass man ihr Buch langsam lesen müsste, um genau zu verstehen, welche Wege ihre literarischen Figuren einschlagen.