Frauke Scheunemann: Mord am Haff, Ein Usedom-Krimi, FISCHER Scherz Verlag, Frankfurt a.M. 2023, 349 Seiten, €16,00, 978-3-651-00102-2

„Egal. Ich werde dranbleiben, wenn die anderen sie alle schon wieder vergessen haben, und dann werde ich am Ende zusammen mit Adam Zielinski einen echten Scoop landen und den Fall aufklären, bevor Kay oder Janine oder de Santis auch nur den Hauch einer Ahnung von den Tätern haben. So!“

Frauke Scheunemann hat sich in vielen Genres bereits ausprobiert und die Idee, sich in ihrer neuen Krimireihe nicht ins schöne Frankreich, Portugal oder Italien zu begeben, ist sicher klug. Für ihren Regionalkrimi hat sie, geboren in Düsseldorf, nun die übersichtliche Insel Usedom ausgewählt.

Ihre Hauptfigur, die Journalistin Franziska Mai, Anfang dreißig, kinderlos, stammt aus Köln und hat bereits beim WDR so ihre Erfahrungen gesammelt, ehe sie in Heringsdorf beim Bäderland – Radio anheuerte. Als Lokalreporterin stürzt sie sich auf problematische Fälle und versucht bei ihren Recherchen mit ihrem Volontär Janis, der Polizei, und auch der aktuellen Ermittlerin Janine Lamott, immer ein bisschen voraus zu sein. Immer zwischen Beruflichem und Privatem hin- und herwechselnd, auch im liebevollen Scharmützel mit Hauptkommissar Kay Lorenz, beider Dates werden jedes Mal von wichtigen Ereignissen unterbrochen, versucht Franzi für ihre Hörenden ein interessantes Programm zusammenzustellen. Wobei man beim Lesen eher den Eindruck hat, dass die Radioarbeit nicht unbedingt im Vordergrund steht, auch wenn Chef Raimund immer Druck macht.

Beim neuen Fall beginnt alles mit einer ziemlich undifferenzierten Umfrage. Neuerdings treibt eine Bande auf Usedom ihr Unwesen und bricht in leere Ferien-, aber auch Wohnhäusern ein. Wie so oft vermuten die Einheimischen, was wirklich ungerecht ist oder auch nicht, dass diese Bande wahrscheinlich aus dem benachbarten Polen stammt. Auffällig ist, dass immer wieder Kunstgegenstände und teure Elektronik mitgenommen wird. Natürlich denken alle sofort an die Galerie in Aalbeck, die ein gewisser Bas de Jong führt. Als dann der freie polnische Journalist Adam Zielinski, ein Doppelgänger von Robert Redfort, in Franzis Leben tritt und auch noch neue Erkenntnisse zu den Einbrüchen beisteuert, wähnt sich die Lokalreporterin schon auf der Siegerstraße. Doch dann wird in der Nacht in Neu-Zirnow ( ein ausgedachter Ort ) in ein Ferienhaus eingebrochen, das bewohnt ist. Die Familie Mühlenhoff reist eigentlich immer nach Mallorca, aber dieses Mal sollte es Usedom sein. Die Eltern sind an diesem Abend aus und die Babysitterin Margot Schneider kümmert sich um die zwei Kinder. Als die Eltern noch vor Mitternacht zurückkehren, finden sie die Kinder schlafend vor, aber Margot Schneider wurde erschlagen. Hat sie die Einbrecher überrascht? Doch warum klappt die professionelle Planung bei diesem Einbruch so gar nicht? Und warum findet man im Blut der Toten ein starkes Beruhigungsmittel? Viele Fragen, die Franzi, Janis, aber auch Kay bis zur Lösung des Falls umtreiben.

Auf den ersten Blick scheint alles klar zu sein, eine Bande raubt Häuser aus und ein Hehler kümmert sich um die Ware. Doch auf den zweiten Blick ist alles ganz anders. Auch der Mord hat nichts mit den Einbrüchen zu tun, da hat Kay Lorenz den richtigen Riecher. Franzi jedenfalls muss ganz schön einstecken, denn sie hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Man sollte sich nicht von schönen Männerfassaden täuschen lassen.

Sprachlich nicht sonderlich aufregend birgt der Krimiplot doch viele unerwartete Wendungen. Die Autorin nervt die Lesenden nicht mit Gewaltszenen und mühevoller Polizeiarbeit und sie verkneift sich, außer bei einer Nebenfigur, die zeitgeistigen Belehrungen. Ihr Personal ist nicht politisch korrekt divers aufgestellt und die Differenzen zwischen Presse und Polizei erinnern so ein bisschen an Liza Marklund und ihre umtriebige Journalistin Annika Bengtson. Allerdings ist auf Usedom alles ein bisschen unspektakulärer, doch Mord bleibt Mord.

Man darf auf „Tod zur See“( Erscheinungsjahr 2024 ), dem dritten Band in der Usedom-Krimi-Reihe, gespannt sein.