Cilla & Rolf Börjlind: Der gute Samariter, Aus dem Schwedischen von Susanne Dahlmann und Julia Gschwilm, btb Verlag bei Penguin Random House Verlagsgruppe, München 2022, 448 Seiten, €16,00, 978-3-442-75853-1

„Sie war überzeugt davon, dass die Impfungen umfassende DNA-Veränderungen auslösen und die Menschen zu genetisch modifizierten Organismen machen würden. Gary teilte ihre Überzeugung. Er war der Ansicht, dass der Impfstoff verborgene Substanzen enthielt, die Unfruchtbarkeit verursachen, die Immunabwehr zerstören und Teile der Erdbevölkerung auslöschen würden.“

Mit diesem Roman befinden sich die Lesenden in der Zeit der Pandemie, mit der in Schweden doch etwas anders umgegangen wurde, als z.B. in Deutschland. Die Parolen und Lügen der sogenannten Querdenker jedoch ähneln sich auffällig in beiden Ländern. Jeder Mensch darf seine Zweifel darüber äußern, warum das Impfen für ihn ein Risiko darstellt. In dieser fiktiven Geschichten jedoch schwingen sich die Impfgegner zu Rettern der Menschheit auf, in dem sie menschliche Opfer in Kauf nehmen, um die Mehrheit vor den Impfungen zu bewahren.

Allerdings beginnt alles mit einer anderen Form von Wahnsinn. Die Ermittlerin Olivia Rönning wurde offensichtlich entführt. Lisa Hedqvist, Olivias Kollegin, ahnt, wer hinter dieser Freiheitsberaubung stecken könnte. Sara Eriksson, die Ex-Freundin von Olivias neuem Partner, kann die Trennung nicht akzeptieren und glaubt in ihrer geistigen Verwirrung, dass sie nur Olivia wegsperren muss, um die alte Beziehung zu kitten. Nah an Olivias Gedanken als Ich-Erzählerin spüren die Lesenden die Gefahr, die von Saras psychischer Verfassung und ihrer Unberechenbarkeit ausgeht. Als der Ermittler Tom Stilton von Olivias Verschwinden erfährt, kehrt er aus seiner selbstgewählten Corona-Isolation in den Stockholmer Schären in die Stadt zurück. Gemeinsam mit Lisa findet er die Hütte, die Sara und ihrem Bruder Oskar gehört, die allerdings zu diesem Zeitpunkt schon lichterloh brennt. Tragisch an der ganzen Geschichte ist, dass sich Tom ansteckt und an Covid-19 schwer erkrankt. Gut ist, dass Olivia sich aus dem Keller des Hauses retten konnte. Jemand hatte Sara angerufen, bevor der Brand gelegt wurde. Saras verkohlte Leiche weist Spuren von Gewalt auf, die allerdings nicht von Olivia stammen können, denn diese wurde mit gefesselten Händen unweit des Hauses gefunden.

Vor fünfzehn Jahren hatte Saras Mutter, Agnetha Eriksson, ihr Haus angezündet und ihren Ehemann getötet. Dafür ist sie ins Gefängnis gegangen und hat seit ihrer Entlassung kaum den Kontakt zu ihren Kindern Sara und Oskar gesucht. Ab und zu hat sie ihre Schwester Ellinor Mohagen gesehen, die eine Nerzfarm betreibt. Sie muss all ihre Tiere töten, da in Dänemark das Virus auf die Tiere übergegangen ist.

Lisa und Olivia reisen nun von Stockholm aus zu Agnetha Eriksson, da sie sich telefonisch nicht meldet. Vor Ort stellt sich heraus, dass eine Tote im Bosarpasee in Schonen gefunden wurde. Sie lag bereits drei Wochen eingezwängt in einer Reuse. Es ist Agnetha. Mit der Polizistin vor Ort, Isidora Diaz-Åstorp, werden die beiden Ermittlerinnen aus Stockholm nun alle befragen, die Sara und Agnetha gekannt haben. Da ist der Schwager von Agnetha, der sie abgrundtief hasst, aber auch Oskar, der Sohn von Agnetha, der als Polizist arbeitet. Als er von den Ermordungen seiner Mutter und Schwester erfährt, scheint er nach Olivias Ansicht, doch ziemlich ruhig. Agnetha, das ergab die Obduktion, wurde mit dem geschmacklosen Gift Aconitin vergiftet.

Zur gleichen Zeit koordiniert die frühere Chefin Mette Olsäter die Sicherheit der landesweiten Corona-Impfstofflieferungen, doch es gibt Hinweise, dass der Transport sabotiert wurde.

Doch was haben nun die beiden Morde mit manipulierten Impfdosen, die ebenfalls mit Aconitin versetzt wurden, zu tun?

Spannend liest sich dieser Kriminalroman des Ehepaares Börjlind, der die Lesenden mit einer Familientragödie konfrontiert, aber auch an eine Zeit der Isolation, Vereinsamung, wildester Spekulationen und Aggressionen erinnert. Die Nennung der Toten, die an Covid-19 verstorben waren, gehörte zu den täglichen Nachrichten und auch Tom Stilton kämpft in der Intensivstation um sein Leben. Setzt man heute die Maske in geschlossenen Räumen auf, dann ist das eine bewusst eigenverantwortliche Handlung. Mögen die Entscheidungen zu Beginn der Pandemie heute kritisch gesehen werden, so muss man doch einräumen, dass die Wissenschaft vor kruden Fantastereien letztendlich doch immer das letzte Wort haben sollte.