Nick Hornby: Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst, Aus dem Englischen von Ingo Herzke, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020,  160 S., €18,00, 978-3-462-05410-1

„Vielleicht gibt es in unserer Beziehung nicht genug Geheimnisse. So was steht doch immer in den Ratgeber-Kolumnen, oder?“
„Ich glaube, damit ist eher gemeint, dass man beim Pinkeln die Klotür zumachen soll, und nicht, dass man seiner langjährigen Partnerin nicht erzählt, wo man wohnt.“

Sie kennen sich seit zwanzig Jahren und stecken nun seit einiger Zeit bereits in einer Ehekrise.
Der 44-jährige Tom wurde als Musikjournalist von der Medienkrise ins Abseits katapultiert. Louise bringt als Ärztin das Geld nach Hause. Sie haben zwei Kinder. Auf der Strecke geblieben ist die körperliche Vertrautheit, der Sex. Aber ist das zeitweilig nicht normal in langjährigen Ehen? Nicht ganz so normal ist, dass Louise fremdgegangen ist. Offenbar nur wegen dem fehlenden Sex, denkt Tom.

Bevor sie in die Praxis, auf Louises Betreiben hin, ihrer Eheberaterin gehen, treffen sich die beiden in einem Pub. Er trinkt sein Bier und sie ihren trockenen Weißwein. Zu sagen haben sich beide enorm viel, die schnellen Dialoge, dieser Austausch von Rede und Gegenrede wie ein Ping-Pong- Spiel mit oftmals sarkastischem Unterton sprudelt los, wenn sie aufeinandertreffen. Alle möglichen Themen kommen zur Sprache, vom Brexit, über den Ex-Lover Matthew bis hin zu Lügen, Subtexten in ganz harmloser Konversation und dem Auszug Toms aus der gemeinsamen Wohnung.

Alltagsbeobachtungen spielen für Nick Hornby eine große Rolle und seine beeindruckende Fähigkeit, thematisch schnell, immer sind es nicht mehr als zehn Minuten, die die beiden ausfüllen müssen, auf den Punkt zu schreiben. So hadert Tom mit dem Gedanken, dass die Therapeutin eine Frau ist. Er kann nicht nachvollziehen, wie er sich seiner Frau wieder annähern soll, wenn man sich sich so genau kennt. Wie kann die Leidenschaft, die offenbar verloren gegangen ist, wieder gefunden werden? Es sind manchmal nur kurze Anlässe zu pointierten Diskussionen, wie zum Beispiel die Tatsache, dass Tom für den Brexit gestimmt hat, um die Freunde zu ärgern oder dass Tom sich keine zweite Zeitung nach seinem Auszug für das Kreuzworträtsel leisten will oder Louise den Kindern gar nicht erzählt, dass ihr Vater die Wohnung verlassen hat. Jeder hat am anderen etwas auszusetzen, z.B. Tom an Louise‘ Abendlektüre.

„Ich will dich ja nur ermutigen, deinen Horizont zu erweitern. Es kann doch in Skandinavien fast keine Frau mehr geben, die man noch ermorden kann, oder?“

Basierend auf einer Mini-Serie sprechen die Eheleute aus, was ihnen auf den Nägeln brennt und gegen alle Statistiken finden sie wieder zueinander: What a surprise!