Hendrik Berg: Dünenrache, TB, Goldmann Verlag, München 2023, 368 Seiten, €11,00, 978-3-442-49399-9

„Rückblickend und mit den Erfahrungen in Nordfriesland im Kopf war Krumme sicher, dass er ohne diesen Mann damals ein ganz anderer Mensch geworden wäre.“

Dies ist nun der neunte Teil der Krimireihe um den sympathischen wie bescheidenen Ermittler Theo Krumme, der vor sechs Jahren von Berlin nach Husum wechselte und in diesem Fall auf Sylt tätig werden wird. Der Grund dieser sogenannten Beratertätigkeit auf der Insel für die nicht gerade freundlichen Kollegen aus Kiel und Flensburg ist, dass der einzige Verdächtige im aktuellen Fall nur mit Krumme reden will und ihn auch um seine Hilfe bereits telefonisch gebeten hatte. Der fünfundfünzigjährige Krumme hatte mit Gerhard Fichte, der heute Anselm Maurer heißt, bereits von dreißig Jahren zu tun. Damals wurde die Frau von Fichte grausam getötet. Einziger Verdächtiger war der Kunstlehrer Fichte, der aber durch Krummes Aussage zum Ärger aller Beteiligten an den Ermittlungen vor Gericht freigesprochen wurde. Zu gern wollte die Polizisten damals Fichte überführen, was nur durch ein fingiertes Indiz möglich war. Als Krumme dann vor Gericht aussagen musste, konnte er die anderen nicht decken und blieb bei der Wahrheit. Krummes Kollegen konnte ihm nie verzeihen und so wurde er jahrelang ausgegrenzt. Und nun holt den Kriminalkommissar der fast gleiche Fall schmerzlich wieder ein. Heute ist Anselm Maurer ein erfolgreicher Kunstmaler, dem erneut vorgeworfen wird, seine Frau ermordet zu haben. Die Menge an Blut, die von Karina Maurer in der Küche des Hauses gefunden wurde, spricht Bände. Allerdings fehlt die Leiche. Oder ist Karina Maurer doch wieder zurück in ihre Heimat Russland gereist? Alle im kleinen Ort Keitum wissen um die Krisen in Maurers Ehe, alle ahnen, dass Karinas Verletzungen von Maurers Schläge stammen.

Theo Krumme reist nun nach Sylt und kann mit seiner Freundin Marianne und Riesenhund Sunny durch die guten Beziehungen seines Chefs, der immer hinter ihm steht, fürstlich in Kampen logieren. Doch für Krumme wird dieser Aufenthalt im März, wo noch alles ziemlich verfroren ist, kein angenehmer Urlaub. Maurer ist anmaßend, arrogant und flegelhaft wie eh und je. Alle Gespräche enden in wüsten Beschimpfungen, in denen der Maler den unberechenbaren, genialen Künstler heraushängen lässt und Krumme als Kulturbanausen beschimpfen wird. Auch die Kollegen aus Flensburg und Kiel denken, dass Maurer und Krumme unter einer Decke stecken, was wirklich total absurd ist. Doch Krumme ist zu erfahren, um sich ständig in Konfrontationen zu begeben.

Eher Zufälle werden dazu führen, dass er Fotos finden wird, die in beiden Fällen den angeblichen Mörder Fichte / Maurer entlasten. Einen Anteil daran hat seine Freundin Marianne, die sich offenbar der einsamen Frauenherzen auf Sylt annimmt und so auch einen internationalen Filmstar kennenlernen wird, der sich schon seit Jahren auf Sylt in seinem Haus selbst isoliert hat.

Hendrik Berg umkreist natürlich alle Themen, die von Sylt, der Insel der Reichen und Schönen, bekannt sind. Es geht um die fantastische Landschaft, die herrlichen Friesenhäuser und die Wohnungsnot für Normalbürger, die sogar von Sylt stammen, so wie die hohen Preise in Restaurants. Aber der in Köln lebende Autor erzählt auch von der Legende von den Gongern, den sogenannten Wiederkehrern. Immerhin glauben Menschen, dass sie Tote triefend nass im Nachhinein gesehen haben, auch Karina. Mag Fichte / Maurer irgendwie das Klischeebild eines kompromisslosen, radikalen wie ständig betrunkenen Malers abgeben, seine Kunst scheint ihren Wert zu haben. Multiperspektivisch aus der personalen Erzählebene heraus können die Leser die Sicht auf die Geschehnisse von Krumme, aber auch der Filmdiva oder auch Maurers Ansichten kennenlernen und sich selbst ein Bild machen.

Nichts ist so wie es scheint, und dass macht den Reiz der Geschichte aus.