Mechthild Lanfermann: Wer im Trüben fischt, btb Verlag, München 2012, 315 Seiten, €9,99, 978-3-442-74376-6
„Später dachte Emma, in diesem Moment hätte sie etwas merken müssen.“
Krimis boomen und dabei müssen nicht immer unbedingt Kommissare eifrig ermitteln. Medienjournalisten mit ihren unkonventionellen Methoden, wie zum Beispiel die literarische Figur Annika Bengtson vom Stockholmer Abendblatt, erdacht von Liza Marklund, haben es vorgemacht und können genauso effektiv, aber eher amateurhaft einem Fall nachgehen. Auch Heldin Emma in Mechthild Lanfermanns Debütroman gehört nicht zur Polizei, sondern ist freiberufliche Mitarbeiterin beim Rundfunk. Von Bremen ist die junge, dünne Frau, die eher wie ein Vogel, der aus dem Nest gefallen ist, wirkt, nach Berlin, allerdings nicht freiwillig, gewechselt. Eher durch Zufall, sie ist in der Redaktion ihres Onkels untergekommen, beginnt die hartnäckige, aber auch impulsiv handelnde Emma beim Mordfall Tom Rosenberg zu recherchieren. Immer das Aufnahmegerät im Anschlag tapst sie von einem Verdächtigen zum nächsten, stellt unmögliche Fragen und scheint irgendwie neben sich zu stehen.
Im Hintergrund brodelt in Bremen ein Verfahren gegen Emma Vonderwehr, die offensichtlich über ihre Kompetenzen hinaus gehandelt hatte.
Der Mordfall des amerikanischen Buchautoren Tom Rosenberg greift eine jüdische Geschichte aus der Hitlerzeit auf. Rosenberg, der eine Professur an der neuen Eliteuniversität in Berlin, antreten sollte, trat überraschend von dieser Stelle zurück. Keine Stunde später war er tot. Er hatte in seinem Bestsellererfolg Professoren an deutschen Universitäten angeprangert, die den Einstieg von jüdischen Akademikern verhinderten. Rosenbergs Großeltern sind aus Hitlerdeutschland 1932 emigriert. Allerdings ist der Bauunternehmer Carl Josef Rosenberg 1943 in einem spanischen Gefängnis verstorben. In welchem Verhältnis stand nun Rosenberg zum anerkannten, allerdings 100-jährigen Stararchitekten Bohmann? Hat sein Sohn Alexander die Finger in der Mordgeschichte? Großvater Rosenbaum hatte wertvolles Bauland in Zehlendorf an Bohmann verpachtet, immer in der Hoffnung nach Deutschland zurückkehren zu können. Doch warum wollte sich Tom Rosenberg mit einem Fachmann für Steuerrecht treffen und was bedeutet der Ausdruck „Junge Fische“?
Reichlich verzwickt erscheint der Fall, in dem Kommissar Edgar Blume ermittelt und nun immer wieder auf Emma trifft.
Nach und nach wird in der sich langsam aufbauenden Geschichte Emma Vonderwehr von einer Gruppe von Figuren umringt, die auch in kommenden Romanen eine Rolle spielen könnten. Zum einen ist da Edgar Blume, der sich in die so zähe und zielstrebige Emma verliebt, die Kollegen aus der Redaktion und das einsame Mädchen Penelope aus der Nachbarschaft am Alexanderplatz. Aber auch Emma bietet als Porträt eines vielschichtigen Charakters viel Stoff für weitere Geschichten.
Atmosphärisch spielt die spröde, als ziemlich ruppig dargestellte Stadt Berlin zwischen Dichtung und Wahrheit ebenfalls eine Hauptrolle und die Seilschaften aus alten Zeiten, die sich in die Westberliner Gegenwart fortgesetzen.
Eigene Rundfunkerfahrungen der Autorin und die schnellen Veränderungen in den Medien fließen in diesen Roman ein. Erscheinen manche Szenen noch recht holprig und Emmas Eifer beim Ermitteln stellenweise auch konstruiert, so bleibt doch der Plot, der Vergangenheit und Gegenwart ohne Schwarz-Weiß-Malerei verbindet, spannend bis zur Auflösung des Falls.
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