Bodil Bredsdorff: Liebe lange leichte Tage, Aus dem Dänischen von Patrick Zöller, Verlag Urachhaus, Stuttgart 2012, 93 Seiten, €11,90 ,978-3-8251-7833-8

„Sie lehnte den Kopf vorsichtig gegen seine Schulter. Das hier war etwas anderes als die kindliche Sahneschleckerei.“

Dorothea, kurz Dot genannt, reist mit ihren Eltern wie so oft ins Ferienhaus ans Meer.
Hier gilt ihr erster Gang nicht dem Haus, sondern der kleinen Pforte, die sie zu Balthasars kleinem Reich, dem Cowboy Cottage führt. Mit ihm ist Dot seit Jahren befreundet, er ist mittlerweile mit den Eltern in den Ort gezogen. Jetzt steht eine Party mit allen Klassenkameraden für den nächsten Tag ins Haus und Dot hilft ohne zu zögern Balthasar und seinen Eltern bei den Vorbereitungen. Vor dem Riesenstapel Kartoffeln, der zu schälen ist, versinkt Dot in Erinnerungen und Rückblenden an ihre erste Begegnung mit Balthasar. Er war der Mutigere und sprach sie mit der einfachen Frage „Wollen wir spielen?“ an. Das war der Beginn von vielen gemeinsamen ernsthaften, wie verrückten Spielen voller Fantasie. So legten die zwei einen kleinen Tierfriedhof im Garten an, imitierten das Leben auf einer Schaffarm oder erlebten Abenteuer auf einem Piratenschiff als Kapitän und Bootsmann.

Als die Zeit des gemeinsamen Spielens vorbei ist, verbringen die beiden körperlich sehr vertraut viel Zeit in Balthasar Cowboy Cottage. Trotz zeitlich längerer Trennungen werden beide sich nie fremd, ganz im Gegenteil. Dot raucht ihre erste Zigarette mit Balthasar und übernachtet sogar noch bei ihm kurz bevor ihre Periode einsetzt, die sie dann aber etwas aus der Bahn wirft.

Auch wenn sie sich nie geküsst haben, mögen sie ihre überaus vertraute Zweisamkeit, die eher Dots Mutter ein Dorn im Auge ist. Dot hofft nun auf ein eindeutiges Signal von Balthasar und der beste Zeitpunkt wäre für sie die anstehende Party.
Doch Dots Hoffnungen werden enttäuscht und plötzlich ahnt sie, dass die Zeit der innigen Vertrautheit vorbei ist.
Brodil Bredsdorff findet eine einfühlsame, ja poetische Sprache für den Abschied von der Kindheit und dem langsamen Beginn der Adoleszenz. Sind sich Dot und Balthasar in einem Moment noch sehr nahe, so kann es im nächsten schon ganz anders sein.

Dot spürt das Ende des magischen Denkens, die Veränderungen, Balthasars innere Abwesenheit und Zuwendung, die nicht mehr ihr gehört.

Sie erinnert sich an ihre gemeinsamen Fantasiespiele, ihre ausgedachten Geschichten und die innige Verwobenheit ihrer Gedanken. Nur wenn Dot im kindlich-ernsten Spiel Balthasar erklärte, warum sie ihn nicht heiraten konnte, wird klar, dass „er nie auf diese Weise an ihre Zukunft gedacht hatte“.

Wundervoll leichte Erzählung mit Tiefgang und Poesie!