Benjamin Alire Sáenz: Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums, Aus dem Amerikanischen von Brigitte Jakobeit, Thienemann-Esslinger Verlag, Stuttgart 2014, 383 Seiten, €16,99, 978-3-522-20192-6

„An jedem Nachmittag lernte ich zwei neue Wörter. ‚Unergründlich.‘ Und ‚Freund‘. Worte sind anders, wenn man sie verinnerlicht.“

1987: Aristoteles Mendoza und Dante Quintana lernen sich im Schwimmbad kennen. Der fröhliche ziemlich körperbetonte Dante, der so ungern Schuhe trägt, bringt seinem neuen Kumpel Ari das Schwimmen bei. Schnell nähern sich die beiden 15-Jährigen einander an und werden Freunde. Sie teilen die mexikanische Abstammung und hassen ihre Vornamen. Aus Aristoteles Perspektive lernt der Leser seine Sicht auf die Welt im Großen wie im Kleinen kennen und seine Eltern. Aris Vater trägt schwer an einem Vietnam-Trauma und niemand spricht mit Ari über den elf Jahre älteren Bruder, der im Gefängnis sitzt und sich von der Familie völlig isoliert hat. Geht es beim ernsthaften Ari eher steif zu, so sind Dantes Eltern viel lockerer im Umgang mit ihrem Sohn. Dante umarmt seine Eltern gern, streitet sich auf die freundliche Art und verschließt sich nicht so in sich wie Ari, der ein Einzelgänger ist. Als Ari dann Dante das Leben rettet, fühlen die beiden sich noch mehr zueinander hingezogen, obwohl Ari immer wieder mit sich selbst hadert und sich viele Fragen stellt.„Mom, wann weiß ich, wer ich bin?“
Dante verläßt für ein Jahr den texanischen Wohnort El Paso und geht mit den Eltern, der Vater ist Englischprofessor, nach Chicago. Sie schreiben sich. Doch Ari bleibt verhalten.
„Ich wollte nicht mehr in der Welt meiner Eltern leben, aber eine eigene hatte ich noch nicht. Auf eine seltsame Weise hatte meine Freundschaft mit Dante meine Einsamkeit noch verstärkt.“

Der Leser schaut in Aris Seele, begleitet ihn auf seinem inneren Weg zu sich selbst und genießt die Dialoge, die Ari mit Dante führt, den man seiner sensiblen Art wegen einfach lieben muss. Als Dante aufgrund seiner Homosexualität schwer misshandelt wird, muss Ari ihn rächen. Doch Gewalt war auch das Problem seines Bruders, über den er so einiges allein herausfinden wird. Und dann küsst Dante Ari und sagt sich, dass er es einfach ausprobieren musste.
Ari ist hin- und hergerissen, denn zu viel beschäftigt ihn in dieser Zeit. Er findet eine Antwort erst für sich in der Wüste beim Sternebetrachten – mit Dante.
Erst mit 54 bekannte sich Benjamin Alire Sáenz, der im letzten Jahr mit dem renommierten PEN/Faulkner Award ausgezeichnet wurde, zu seiner Homosexualität. Bis dahin hatte der US-amerikanische Schriftsteller mexikanischer Herkunft viele Jahre mit seiner Neigung gerungen.
Dieser Autor weiß, wie Jugendliche ticken, was sie denken, wie sie reden und er kann es aufschreiben, ohne das es aufgesetzt klingt.