Guillaume Musso: Ein Wort, um dich zu retten, Aus dem Französischen von Eliane Hagedorn und Bettina Runge, Pendo Verlag in der Piper Verlag GmbH, 320 Seiten, €16,90, 978-3-86612-483-7

„Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich den Eindruck, ein Ermittler in einem echten Krimi zu sein. Wie immer wenn ich etwas Interessantes erlebte, spürte ich das Bedürfnis, es in einem Roman umzuwandeln. Schon nahmen in meinem Kopf rätselhafte und beunruhigende Bilder Gestalt an: eine Mittelmeerinsel, die durch eine Blockade gelähmt war, die gefrorene Leiche einer jungen Frau, ein bekannter Schriftsteller, der sich seit zwanzig Jahren in seinem Haus verschanzte…“

Der vierundzwanzigjährige Raphaël Bataille ist besessen vom Schreiben, allerdings lehnen immer wieder Verlage seine Romane ab. In seiner Verzweiflung versucht Raphaël nun in die Nähe des berühmten Schriftstellers Nathan Fawles zu gelangen, indem er auf der kleinen Mittelmeerinsel Beaumont, auf der der Autor seit zwanzig Jahren ohne Handy, Internetzugang oder gar soziale Medien lebt, ohne je wieder eine Zeile geschrieben zu haben, einen Job angenommen hat.

Der Inhaber der Buchhandlung vor Ort will seinen Laden zum Jahresende aufgeben und braucht einen Mitarbeiter. Raphaël, der extrem belesen ist, versucht mit ein paar Veränderungen den Laden wieder auf Vordermann zu bringen. Bei der ersten Gelegenheit sucht der junge Autor sein Idol auf und muss feststellen, dass Fawles, der offenbar ziemlich viel trinkt, jeden Eindringling mit dem Gewehr bedroht. Unter Beschuss versucht Raphaël, dem Autor seinen neuen Roman aufzudrängen. Immer wieder wird gemunkelt, dass Fawles ein Geheimnis hütet. Alle Welt will wissen, warum der einst so berühmte Autor mit Anfang dreißig seine Arbeit als Schriftsteller endgültig beendet hat. Traumhaft schön residiert Fawles, der nur mit drei Romanen Dauerseller geschrieben hat, in einer Villa mit Blick aufs Meer. Die einzige Kreatur, die er um sich haben kann und die er abgöttisch liebt, ist sein Hund. Dieser ist jedoch seit Tagen verschwunden. Eine Touristin namens Mathilde hat ihn gefunden. Als klar wird, dass sie ihn dem Schriftsteller bringen will und auch noch Journalistin ist, gehen beim misstrauischen Fawles alle Lampen an. Mathilde will nicht den Finderlohn einheimsen, sondern dem Autor eine Geschichte schenken.

Parallel zu diesem Handlungsstrang wird vom Fund einer zu Tode gefolterten Frauenleiche auf der Insel berichtet. Die Insulaner sind entsetzt. Die Tote heißt Apolline Chapuis und ist Weinhändlerin.

Die Geschichte, die Mathilde dem Autor erzählt, beginnt mit der Reise einer gewissen Apolline Chapuis und ihrem Freund Karim Amrani nach Hawaii. Sie verlieren dort bei einem Bootsausflug einen Fotoapparat. Dieser wird Jahre später auf der anderen Seite der Erdkugel entdeckt, landet in einem Pfandhaus, gelangt in die Hände eines Mannes aus Alabama und landet letztendlich bei Mathilde, denn deren Eltern gehörte der Apparat und auf den Fotos, die entwickelt wurden, ist Mathildes Familie bei einer Feier zu sehen. Allerdings wurde die Eltern von Mathilde und ihr elfjähriger Bruder Theo kurz danach bestialisch ermordet.

Aus unterschiedlichen Blickwinkeln baut Guillaume Musso nun eine so spannende Handlung, die schlüssig und in immer wieder neuen Wendungen erzählt wird, dass man das Buch bis zur letzten Seite nicht mehr aus den Händen legen kann.
Nicht nur der Plot, in dem es um Vergeltung und auch Liebe geht, fesselt, Musso versteht es auch geschickt, ohne den Leser zu belehren, seinen Figuren intelligente Dialoge über das Schreiben und Lesen von Romanen in den Mund zu legen.
Es geht um die Höhen und Tiefen bekannter Autoren, z.B. von J.K.Rowling, deren „Harry Potter“ durchaus von vielen Verlagen abgelehnt wurde. Viele bedeutende Autoren werden zitiert oder in die Handlung einbezogen, wie Philip Roth oder Francoise Sagan.

Mag Musso kein begnadeter Stilist sein, so sind seine Geschichten doch von so einer atemberaubenden Magie und Raffinesse, dass jeder Roman von ihm nicht umsonst auf den Bestseller-Listen landet. Dramaturgisch geschickt baut er eine Ausgangssituation auf, die dann in einem Parforceritt auf den Abgrund zurast. Einmalig!

„Und das war einer der Gründe, warum ich so gerne las. Nicht, um dem realen Leben zugunsten eines imaginären Universums zu entfliehen, sondern um – durch meine Lektüre verändert – in die Welt zurückzukehren.“