Andrea Camilleri: Kilometer 123, Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki, Kindler Verlag bei Rowohlt Verlag, 142 Seiten, €22,00, 978-3-463-00010-7
„- … Jetzt kommt der schwierigste Teil für dich, sei bitte sehr vorsichtig.
-Ja, das stimmt, wir müssen noch eine weitere Prüfung überstehen, aber dann werden wir fürs ganze Leben wieder vereint sein.“
Andrea Camilleri ist einer der meistgelesenen Autoren Italiens und auch einer der beliebtesten.
Viel zu früh ist er mit 93 Jahren im letzten Jahr verstorben.
„Kilometer 123“ ist sein vorletzter Roman, für den er sich eine besondere Form ausgedacht hat. Wie ein Puzzle muss sich der Leser eigenständig aus Zeitungsmeldungen mit genauen Daten, Telefonaten, SMS-Nachrichten, Dialogen und Polizeiprotokollen die Geschichte und deren Verlauf zusammensetzen. In entsprechend unterschiedlichen Schriftbildern erscheinen die einzelnen Aussagen der handelnden Figuren, die eher etwas schemenhaft und holzschnittartig gezeichnet sind. Wie so oft in italienischen Krimis dreht sich die Handlung um einen geldgierigen Bauunternehmer, der zu Beginn auf der Via Aurelia Richtung Rom bei Kilometer 123 von der Straße abgekommen ist und schwer verletzt wird. Hat ein Auto Giulio Davoli aufgrund der schlechten Sicht unabsichtlich abgedrängt, war es ein Tötungsversuch und somit ein kalt geplanter Mord? Ester, die Geliebte des Bauunternehmers, schreibt verzweifelte SMS-Nachrichten, denn sie hat keine Ahnung, was geschehen ist. Die gehörnte Ehefrau Giuditta ist da eher im Bilde und sie weiß um die Verhältnisse ihres Mannes, der sich nicht mit einer Geliebten zufrieden geben kann. Außerdem hat sie ihren Mann bei der Finanzpolizei angezeigt und ist dabei, die gemeinsame Wohnung zu verlassen. Ester hingegen vermutet, dass ihr eifersüchtiger Mann, ein Staatsanwalt, ihr auf die Schliche gekommen ist. Alles dreht sich in dieser Geschichte um die üblichen Themen, wie Ehebruch, Liebe, Geldwäsche und Korruption. Ehefrauen wurden hintergangen und so ehrlich wirkende Figuren haben es ebenfalls faustdick hinter den Ohren.
Doch einmal mit dem Lesen begonnen, kann man diesen schmalen Band nicht mehr aus der Hand legen. Andrea Camilleri schafft es, den Leser derart neugierig zu machen und in die Handlung voller Bruchstücke hineinzuziehen, dass man am Ende verwundert das Buch zuschlägt.
Vielleicht nicht sein stärkster Krimi, aber lesenswert.