Meg Wolitzer: Das ist dein Leben, Aus dem Englischen von Michaela Grabinger, Dumont Buchverlag, Köln 2020, 387 Seiten, €24,00, 978-3-8321-8135-2

„Dabei hatte Dottie ihren Schutz noch nie nötig gehabt. Sie war immer eine Art Brünhild gewesen, unerschrocken, geharnischt und riesengroß.“

Dottie Engels ist eine Powerfrau, eine Komödiantin, eine Frau, die es in den 1970er Jahren ganz allein geschafft hat, ihre Bühnenkarriere voranzutreiben. Als Frau mit Übergewicht hat sie ein ungeheures Selbstbewusstsein und sie steht zu ihren Pfunden. Sie sind das Kapital für ihren Erfolg, denn Dottie reißt als Stand – up – Comedian Witze über dicke Leute. Sie lacht über sich selbst und nimmt ihr äußeres Erscheinungsbild nicht so ernst. Schnell hat sie sich von ihrem Mann Norm getrennt und nun kümmern sich viele Babysitter um ihre beiden Mädchen Erica und Opal.
Die Geschichte beginnt als die sechzehnjährige Erica, die die Statur der Mutter geerbt hat, in der Pubertät ist und ihre Mutter mit kritischem Blick sieht. Opal ist elf und immer noch begeistert von den Auftritten ihrer Mutter.
Immer wieder tritt Dottie in Fernsehshows auf und freut sich, wenn sie mal zu Hause in New York von ihren Fans begeistert umarmt wird. Ihre Töchter beobachten diese Begeisterungsstürme mit Misstrauen. Dottie hat wenig Zeit für ihre Kinder, sie verpasst die Schulauftritte und hat ein Engagement nach dem anderen eher in L.A. als an der Ostküste.
Doch das Blatt wendet sich und Dotties Karriere stagniert nach zehn erfolgreichen Jahren. Niemand lacht mehr über Witze, die fette Menschen diskreditieren. Ihr Agent Ross Needler bemüht sich um Auftritte, aber letztendlich bleibt nur noch die Werbung im Fernsehen für Kleider in Übergrößen. Opal schämt sich für die Mutter und verfolgt gebannt und verängstigt jeden noch so peinlichen Werbespot.

„Es gab nichts, was sie besonders gut konnte. Sie war Dottie Engels‘ Tochter gewesen – etwas Besseres hatte sie nicht zustande gebracht.“

Opal, jetzt zwanzig Jahre alt, studiert nicht mehr und muss ein Semester pausieren. Erica hat sich an den ziemlich unsympathischen Jordan Strang gehängt, der am Ende als Drogendealer sein Geld verdienen wird. Was ist schief gelaufen, dass die Kinder von Dottie Engels keine Ziele haben, eher lustlos in den Tag leben und ihre Mutter als peinlich empfinde?

Opal schreibt sogar ihrem Vater nach Florida, den sie über Jahre nicht mehr gesehen hat und der ihr auch nicht antworten wird.
Auch Dottie versinkt trotz Partner in einer Depression. Sie hat plötzlich zu viel Zeit und kennt nur noch den Gang zum Kühlschrank. Ein Herzinfakt hätte sie beinahe getötet. Sie muss endlich umdenken, abnehmen und ihr Leben ändern. Das trifft auch auf Opal und Erica zu, die allerdings noch alles von sich haben.

Meg Wolitzer schreibt stilsicher und unterhaltsam, versucht allerdings nicht ihre Protagonisten vorzuführen. Hinsicht­lich des Innenlebens ihrer Figuren bleibt sie verschwiegen, aber die feinnervigen Beschreibungen der hektischen Außenwelt und des Verhaltens werden lesbar für Psychisches. Entstanden sind drei Frauenporträts, die nicht unterschiedlicher sein können.