Claire Douglas: Girls Night – Nur eine kennt die ganze Wahrheit, Aus dem Englischen von Ivana Marinović, Penguin Verlag, München 2024, 416 Seiten, €16,00, 978-3-328-11037-8
„Die Wahrheit ist, dass ihr die Dunkelheit Angst macht. Das war schon immer so. Wenn sie damals, 1998, weniger ängstlich und dafür mutiger gewesen wäre, wenn sie die Wahrheit gesagt hätte, wären ihre Freundinnen womöglich noch hier.“
Zwanzig Jahre ist es nun her, dass die Freundinnen Olivia Rutherford, Sally Thorne, Tamzin Cole und Katie Burke nach einem feuchtfröhlichen Abend in der Nacht mit dem Auto verunglückt sind. Ausgerechnet auf der unheimlichen Straße, genannt Devil’s Corridor, die schnurgerade durch den Wald führt, überschlägt sich das Auto. Olivia, die am Steuer saß, musste einem Mann ausweichen, der plötzlich wie aus dem Nichts auf der Straße stand. Als die Achtzehnjährige dann mit extremen Schmerzen im eingeklemmten Bein aufwacht, sind ihre drei Freundinnen verschwunden. Wo sind die jungen Frauen? Was ist mit ihnen geschehen? Wurden sie entführt? Für Olivia sind die Tage vor Weihnachten immer schmerzlich. Zwar fühlt sie sich bei ihrer Mutter auf dem Pferdehof wohl und weiß, dass Wesley an ihrer Seite alles für sie tun würde, doch bleibt immer die Ungewissheit, was damals eigentlich geschehen ist.
Erzählt Claire Douglas zum einen aus der Perspektive von Olivia, so schaut sie mit der Journalistin Jenna Halliday ebenfalls auf die Geschehnisse im Ort Stafferbury. Jennas Mann hat sich von einem Tag auf den anderen von ihr getrennt. Dabei schaut sie auf eine fünfzehnjährige gute Ehe zurück, immerhin haben sie ihren zehnjährigen Sohn Finn, ein wunderbares Haus und Einkommen, mit denen sie auskömmlich leben können. Als Mitarbeiterin der BBC in Manchester soll Jenna nun einen True-Crime-Podcast erarbeiten, der sich mit dem berühmten Cold Case in Stafferbury beschäftigt.
Parallel zur Handlung erzählt die englische Autorin in kursiver Schrift gehalten von einem Ausflug 1980 nach Thailand, den ebenfalls Freunde, Trevor, John-Paul, Griff, Maggie, Stace und Martin, unternehmen. Sie wohnen bei Derreck in einer pompösen Villa. John-Paul lebt mit Stace zusammen, allerdings haben die beiden ziemliche Geld- und Beziehungsprobleme. Stace ahnt nicht, dass Derreck, der Freund von John-Paul ihm das Geld für den Flug geschickt hatte. Klar wird auch, dass Derreck in Drogengeschäften verwickelt ist und erwartet, dass die Freunde für ihn Buddha – Figuren nach England schmuggeln. Und dann verliebt sich auch noch Stace in Derreck.
Natürlich schlägt die Autorin eine Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart, denn diese Geschichte von Freunden in Thailand hat mit den Geschehnissen um das Verschwinden der jungen Frauen zu tun. Doch wie Claire Douglas diese spannende Geschichte mit Gruseleffekten kongenial konstruiert, ist schon sehr clever.
Jenna jedenfalls versucht mit den Beteiligten im Ort, allen voran Olivia in Kontakt zu treten. Etwas Hilfe bekommt sie vom attraktiven Detective Sergeant Dale Crawford, der im Alter von Jenna ist und den Fall wieder aufrollen will. Nach und nach wird deutlich, dass alle zwar Jenna etwas erzählen, aber es nie die ganze Wahrheit ist. Olivia scheint ebenfalls, wie die anderen zu lügen. Ihr Freund Wesley, der offenbar kontrollsüchtig und Jenna sehr unsympathisch ist, bedroht die Journalistin und von ihm sind vielleicht auch die toten Tieren vor Jennas Häuschen im Wald und die Drohbriefe an ihrem Auto. Welche Geheimnisse die Einwohner von Stafferbury, die offensichtlich alle lügen, zu verbergen haben und was das für seltsame Geschichten um den Wald und die mystischen Steine sind, liest sich atemberaubend spannend.
Als dann jedoch der Einsiedler Ralph, er hatte Olivia nach dem Unfall im Wald gefunden und die Ambulanz verständigt, ermordet wird, ist auch Jennas Leben in Gefahr.
Dieser Krimi rettet auf jeden Fall ein verregnetes Wochenende, denn auch das englische, ungemütliche Wetter in der Vorweihnachtszeit spielt in dieser spannenden Handlung eine wichtige Rolle.