Claire Douglas: Schönes Mädchen – Alle Lügen führen zu dir, Aus dem Englischen von Ivana Marinovic, Penguin Verlag, München 2022, 479 Seiten, €15,00, 978-3-328-10765-1
„Dieses Mädchen ist eine weitere Matilde – das spürt sie instinktiv. Wenn sie nicht aufpasst, hat ihre Mutter Willow noch vor Ablauf des Jahres ihr die Hälfte ihres Nachlasses vermacht.“
Elspeth McKenzie, die vor kurzem auf der Treppe gestürzt ist, verfügt nicht nur über ein fabelhaft teures Anwesen in Clifton, sie hat auch ziemlich viel Geld und ist eine Frau, die gern einen arroganten wie fordernden Ton anschlägt. Als Kulturmäzenin hat sie einen guten Ruf und jeder weiß, dass die Frau Ende siebzig ist und eigentlich keine Hilfe benötigt. Doch seit dem Tod ihres Mannes kann sie nicht allein sein und sie setzt starrköpfig durch, was sie sich vornimmt. Als sie auf die Idee kommt, junge Mädchen, möglichst ohne Familie als Gesellschafterinnen einzustellen, stellt sich ihre Tochter Kathryn umsonst quer. Sie bietet an, ihren Job in der Galerie, sowieso von der Mutter bezahlt aufzugeben, um sich um sie zu kümmern. Dabei hat Kathryn zwei Kinder und einen doch eher faulen, aber liebenswerten Mann.
Kathryns Verhältnis zur Mutter ist eher gespannt, denn sie wurde zum Ärger der leiblichen Tochter Viola als Elfjährige adoptiert. Immer in dem Bewusstsein gehalten, sich anzupassen und möglichst die perfekte Tochter zu sein, ist auch Kathryn eher verkniffen und steif. Viola und Kathryn wurden nie Schwestern, denn die Ältere mobbte die Jüngere, wo sie nur konnte. Mit achtzehn Jahren jedoch verließ Viola Hals über Kopf das Haus und nie hat die Mutter sie wiedergesehen.
Als die junge Una Richardson zum ersten Mal das Haus der McKenzies betritt, fällt ihr auch, dass keine Fotos zu sehen sind, nicht mal von den Enkelsöhnen. Schnell wird klar, dass Elspeth ihre Enkel nicht sonderlich mag. Nach und nach stellt sich auch heraus, dass Unas Vorgängerinnen, Matilde und Jemima, ums Leben gekommen sind. Una mag ihren Job als Kammerzofe nicht sonderlich, bemerkt sie doch, dass Kathryn sie gern tadelt und ständig beobachtet.
Kursiv schaltet sich eine Person in die chronologisch erzählte Handlung ein, die offenbar die jungen Mädchen aus dem Weg haben möchte. Una jedenfalls erfährt von Viola, deren Name in der Familie totgeschwiegen wird und sie entdeckt die versteckten Sachen von Jemima und den Pass von Viola.
Schnell ist Kathryn, die um ihr Erbe bangt, für die Lesenden die Schuldige. Aber natürlich wäre das viel zu einfach. Möglich auch, dass Kathryn mit Violas Verschwinden zu tun haben könnte. Elspeth scheint von den Unglücken, die den Mädchen ereilen, die eine wurde vom Auto überfahren, die andere hat angeblich an der Hängebrücke Selbstmord begangen, wenig beeindruckt. Sie liebt eher dieses Spiel, in dem sie ihre Tochter mit den jungen Frauen quält, denn alle ähneln Viola.
Die Mutter weiß nicht, dass die immer devote Kathryn und ihr nichtsnutziger Mann Schulden haben, aber sie spürt diese Macht über sie, die sie genießt. Aber Kathryn wird sich aus den Fängen der Mutter befreien, nachdem auch Una getötet wird. Unas beste Freundin Courtney jedoch wird nicht wie die Polizei die Hände in den Schoß legen. Sie warnt das neue Mädchen, dass nach Una eingestellt wird und sie beginnt auch mit Jemimas Freund Peter herauszufinden, wer hinter den Morden steckt.
Es ist ein perfekt konstruierter Krimi, bei dem die Lesenden den Atem anhalten und mit den Figuren mitleiden und am Ende befreit das Buch schließen.