John Grisham: Das Manuskript, Aus dem Amerikanischen von Bea Reiter, Heyne Verlag in der Randomhouse Verlagsgruppe, München 2020, 367 Seiten, €22,00, 978-3-453-27306-1
„Mit dem Roman machte sie kaum Fortschritte, obwohl sie das Gegenteil behauptete. Das Schreiben gehörte zu ihrer Rolle, es war eine Tarnung, mit der sie von ihrem wahren Motiv ablenkte: Sie wurde von einer geheimnisvollen Sicherheitsfirma bezahlt, die im Auftrag von einer Versicherungsgesellschaft nach gestohlenen Manuskripten suchte. Es ging um eine Menge Geld, …“
Die Hauptfigur in diesem neuem Grisham-Roman ist Bruce Cable, der umtriebige Inhaber der Buchhandlung „Bay Books“ in Santa Rosa auf Camino Island. Als finanziell gut betuchter Buchhändler, was ja eigentlich nicht oft der Fall ist, lädt er seit gut dreiundzwanzig Jahren Schriftsteller zu Lesungen ein. Gefallen ihm die jungen Autorinnen, dann ergibt sich schon mal ein kurzzeitiges Verhältnis, obwohl Bruce mit Noelle leiert ist. Niemand weiß, dass Bruce ein gewiefter Händler ist, der sich auf seltene Manuskripte spezialisiert hat, die er über bestimmte Kanäle kauft, verkauft und sein Geld auf Offshorekonten bunkert. Vordergründig ist er allerdings ein Kenner der Literatur- und Verlagsszene und wenn ihm ein Buch gefällt, dann setzt er alle Hebel in Bewegung, um dieses auch bekannt zu machen.
Immer wieder feiert Bruce mit den ansässigen Autoren, einer eingeschworenen Gruppe, auf Camino Island. Schreiben die einen erotische Romane, so dichten andere wiederum unverkäufliche Gedichte oder schreiben Krimis oder Thriller.
Als sich die Autorin Mercer Mann am Ende ihrer Lesereise bei Bruce Cable einfindet, auch sie hatte mit ihm eine kleine Liebesaffäre, wütet auch gleichzeitig in der Nähe Hurrican Leo. Eigentlich hatte die Insel bisher immer Glück, nie kam es zu großartigen Beschädigungen. Sich immer mehr aufbauschend gelangt Leo in die Kategorie 4 und alle vierzigtausend Einwohner müssen unbedingt die Insel verlassen.
Bruce und seine Schriftstellerfreunde Bob Cobb und Nelson Kerr entscheiden sich zu bleiben. Bruce bringt seine Bücher in die oberen Etagen und fürchtet sich vor Hochwasser, umstürzende Bäume und Glasbruch.
Doch dann findet die Polizei nach dem verheerenden Sturm Nelson Kerrs Leiche vor dem Haus und ist sich sicher, dass der Mann von einem Baum erschlagen wurde. Bruce und Bob allerdings stellen fest, dass Nelson drei heftige Schläge auf den Kopf bekommen hat und dass dies nicht nur Bäume waren. Bruce erkennt, dass die Polizei auch in Anbetracht des Stromausfalls, den 30° C und den Verwüstungen auf der Insel wenig Energie zeigt, einen Mord aufzuklären. Nelson war Anwalt, bevor er vor einigen Jahren begonnen hatte, zu schreiben. Nachdem er Klienten, die militärische Software an den Iran und Nordkorea verkaufen wollten, dem FBI ausgeliefert hatte, war seine berufliche Karriere zu Ende. Nun hatte er einen Roman beendet, dessen Manuskript allerdings noch niemand zu sehen bekommen hat.
Bruce vermutet, dass der Inhalt dieses Romans eindeutig etwas mit der Ermordung des Autors zu tun haben muss. Zumal Bob gestanden hatte, dass er ein sehr kurzes einfach nur sexuelles Verhältnis mit einer gewissen Ingrid Murphy aus Atlanta gehabt hatte, die Nelson unbedingt kennenlernen wollte. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs von Leo befand sich Ingrid immer noch auf der Insel. Die Florida State Police nimmt nun langsam die Ermittlungen auf, aber so richtig aktiv werden sie nicht. Auch wenn Bruce nicht begeistert ist, trifft er sich mit der Nachlassverwalterin von Nelson, seiner Schwester, Polly McCann. Sie bringt einen USB-Stick mit dem neuen Manuskript mit.
Alle wissen, dass Nelson den sozialen Medien gegenüber sehr misstrauisch war. Er hat kaum E-Mails geschrieben und seine Telefonnummer alle paar Monate gewechselt.
Bruce ist fest der Meinung, das Motiv für den Mord findet sich im Manuskript. Da die Polizei kaum ermittelt, denn sie glauben immer noch, dass das Opfer selbst schuldig ist, beginnt Bruce mit Polly gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, um den Mord aufzuklären. Sie stoßen auf eine Sicherheitsfirma, die über Mercer Mann schon mal Bruce im Visier hatte. Aber der schlaue Fuchs hatte sie ausgetrickst. Nun sollen gegen entsprechende Bezahlung die Sicherheitsleute ihre Arbeit aufnehmen. Außerdem wird Bruce versuchen, einen Verlag für den Roman zu finden. Somit steht auch er im Visiert der Auftragsmörder. Sicher sind sich alle, dass Nelson Kerr in seinem Roman einen ungeheuren Betrug enttarnt hat. Worum es sich jedoch dabei handelt, soll hier nicht verraten werden.
Geschickt ist dieser Plot aufgebaut, zumal man nicht von Anfang an ahnt, wohin die Handlung ihren Lauf nehmen wird. Welchen Wert und welche Gefahr ein Romanmanuskript haben kann, überrascht in dieser turbulenten Geschichte, die sich über ein Jahr hinzieht.
Spannend, ein typischer Grisham, empfehlenswert, da einfach gut geschrieben!