Jean – Luc Bannalec: Bretonische Spezialitäten – Kommissar Dupins neunter Fall, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020, 345 Seiten, €16,00, 978-3-462-05401-9
„Dupins Gefühle waren, vorsichtig formuliert, äußerst zwiegespalten. Natürlich war es besser als das Seminar. Und natürlich entsprach es seinem Bedürfnis, unbedingt selbst ermitteln zu wollen. Aber die Vorstellung einer „Teamermittlung“ mit drei Kommissaren und vier Präfekten ging ihm ganz und gar gegen den Strich.“
Um es gleich vorauszuschicken, diese spannende Krimihandlung kann man nur mit extra gutem Essen und edlen Spirituosen verfolgen. Jean-Luc Bannalec verführt den Leser zumindest zu Beginn mit Beschreibungen wunderbarer Käsesorten, ungewöhnlicher Kräuter, aromatischer Fleischgerichte und natürlich Fischzubereitungen aller Art. Dazu öffnet er diverse Flasche, u.a. auch einen berühmten Rum.
Aber zum 9. Fall: Der koffeeinsüchtige Kommissar Georges Dupin muss zu seinem Leidwesen nun doch an einer Weiterbildung mit seinem geschwätzigen Vorgesetzten, Präfekt Locmariaquers, teilnehmen. Ein Trost: der malerische Ort Saint – Malo. Doch kaum hat Dupin trotz, von der Polizeischule organisiertem Kulturprogramm und Essenseinladungen, pikanten Käse erstanden, fällt ihm in der Markthalle eine Frauenleiche vor die Füße. Zwar nimmt er die Verfolgung auf, aber die flüchtende Täterin ist schneller. Die Küchenchefin und Inhaberin eines Michelin-Sterns, Blanche Trouin, wurde, und das ist von Anfang an klar, von ihrer Schwester, ebenfalls Küchenchefin, Lucille, ermordet. Lucille schweigt in der Untersuchungshaft beharrlich. Zu Dupins Überraschung wird das Seminar in praktische Polizeiermittlung umgewandelt. Allerdings kann er sich wiedermal nicht einordnen, und geht zum Unmut der Kollegen Sonderwege, doch mit Erfolg.
Riwal versorgt Dupin wie immer mit Hintergrundinformationen zu geschichtlich Ereignissen in der Bretagne. Dieses Mal dreht es sich um die Geschichte der Korsaren und ihrer Beutezüge.
Bevor jedoch die ersten Befragungen so richtig stattfinden können, wird der Ehemann von Blanche, Kilian Morel, wie seine Frau erstochen. Stunden später wird der Freund von Blanches, der Antiquitätenhändler Walig Richard, am Weinberg tot aufgefunden.
Nach und nach lernt der Leser das illustre Umfeld der Täterin kennen. Seit Kindheitstagen sind die Schwestern tief verfeindet. Doch Blanche ist die erfolgreichere. Lucille hat sich offenbar hoch verschuldet, um ein Grundstück zu bebauen. Die Bauerlaubnis jedoch wird ihr wegen eines unter Naturschutz stehenden Vogels verweigert. Blanche hat Lucille auch den Souchef abgeworben und sie hat das vom Vater geführte Rezeptbuch an sich genommen.
Viele Gründe sicher um jemanden zu hassen, aber nicht zu ermorden.
Auch die Freundin von Lucille, Flore Briard, die in einer prächtigen Villa, einst im Auftrag des Unternehmers Hennessey, lebt und geerbt hat, hat Geldprobleme.
Alle kennen sich im Ort seit der Grundschule. Sie sind entweder befreundet oder verfeindet.
Und dann ist da noch eine demente hoch betagte alte Tante, Madame Allanic, die Dupin ständig etwas von einem Schmuckraub erzählt. Allerdings geht es immer um Korsaren und deren Zeit ist nun wirklich lang vorbei. Dupin und seine Kollegen tappen lang im Dunkeln, zumal auch noch der Lebensgefährte von Lucille, Charles Braz, von den Klippen in die Tiefe stürzt.
Wie immer rast Dupin durch die Gegend, befragt die Personen, die die Ermordeten gekannt haben und zieht seine Schlüsse. Ein Satz lässt ihn aufhorchen und endlich findet er den Grund für die Mordtaten an der beschaulichen wie traumhaften Smaragdküste.
Jean-Luc Bannalec hat einen schlüssigen Fall konstruiert, der wie immer umrankt wird von bretonischen Sprichworten, einer ausführlichen Beschreibungen der vielfältigen Spezialitäten, aber auch der Geschichte der Bordier – Butter und den Abenteuern der Korsaren.
In Corona-Zeiten ein Trost für alle, die Zuhause bleiben müssen und die Bretagne so lieben wie der deutsche Autor.