Sebastian Meschenmoser: Rotkäppchen hat keine Lust, Thienemann-Esslinger Verlag, Stuttgart 2016, 32 Seiten, €12,99, 978-3-522-45827-6
„Einen kantigen Ziegelstein, eine stinkende Socke und einen ollen Kaugummi? Das sind doch keine Geschenke für eine alte Dame! Was bist du nur für eine Enkelin!“
Ein hungriger Wolf streift durch den Wald, denn seine Großmutter hat ihm erzählt, wenn man sich bitter fühlt, sollte man ein süßes Kind verschlingen. Natürlich muss man es vorher in ein unverfängliches Gespräch verwickeln.
„… eine Einladung zu einem Spaziergang tief in den Wald, noch auf einen Tee und Kekse in die dunkle Höhle…. und dann – Zack! – ab in den Kochtopf! Oder in die Bratpfanne, je nach Rezept.“
Ja, so einfach kann es gehen. Und wenn ein frisches kleines Mädchen mit roter Kappe den Weg des Wolfes streift, um so besser. Aber dieses Kind ist einfach nur garstig. Sie ist sauer, dass sie zur Oma gehen muss und dort langweilige Bilder ansehen soll. Der ganze schöne Sonntag ist dahin. Und so sind ihre Gaben für die Oma auch ziemlich lieblos. Der Wolf erinnert sich an den Geburtstag seiner Oma und backt erst mal einen Kuchen, sucht Blumen und kauft eine gute Flasche Wein. Das Kind wird immer griesgrämiger, da zu viel Zeit vergeht. Großmutters Sehfähigkeit hat ziemlich gelitten und so denkt sie, der nette Herr mit dem Kuchen hat einfach nur zu viele Haare. In ihrem chaotischen Haushalt zwischen Büchern, Wollknäuel und allem möglichen Krimskrams findet sie auch ihre geliebten Fotoalben. Und je besser sich Großmutter und Wolf amüsieren, um so grantiger wird das Mädchen, dass vor Wut ständig die Fäuste ballt.
Auf jeden Fall haben sich Großmutter und Wolf gefunden. Das Mädchen jedoch zieht in die Höhle des Wolfes und wird eine gefürchtete Räuberin.
Das Grimmsche Märchen vom braven Rotkäppchen wurde schon viele Male uminterpretiert. Sebastian Meschenmoser hat sich für eine moderne Variante entschieden, in der Rotkäppchen lieber Abenteuer erleben würde als mit Oma in der Vergangenheit schwelgen. Der Wolf hingegen ist kein begabter Verführer, auch wenn er Goethe zitiert. Seine Stärken liegen im Zuhören, auch wenn Oma mit ihrem Huhn auf dem Kopf ziemlich verrückt wirkt. Mit Oma jedenfalls frühstücken und Socken stricken gefällt ihm besser, als allein in der Höhle zu sitzen.
In seinen Zeichnungen konzentriert sich der in Berlin lebende Künstler sehr genau auf seine Figuren und deren Körpersprache. Fast filigran wirken seine mit Bleistift gezeichneten Bilder, die den humorvollen Text aufnehmen und weitererzählen.
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