Mick Herron: Joe Country – Ein Fall für Jackson Lamb, Aus dem Englischen von Stefanie Schäfer, Diogenes Verlag, Zürich 2023, 480 Seiten, €18,00, 978-3-257-30096-3
„ …, Lamb sah aus, als würde er sogar über einen Kindergarten makabre Witze reißen, ja, als sähe er die meisten Dinge mit schwarzem Humor, weil er einfach so war, und wegen dem, was er durchgemacht hatte; weil er sonst nachts wach sitzen und sich fragen würde, ob er sich eine Kugel durch den Kopf jagen sollte.“
„Joe Country“ ist der sechste Band der Jacksan Lamb – Buchreihe, veröffentlicht im Jahr 2019. Mit diesem Band zu beginnen, ist möglich. Aber vielleicht sollte man doch mit dem Lesen des ersten Bandes „Slow Horses“, veröffentlicht 2010, anfangen, um ins Jackson Lamb Universum so wirklich mit Genuss einzutauchen. Sicher versucht der Autor Mick Herron jedem das Lesevergnügen, sehr markant ist sein trockener englischer Humor, zu erleichtern, indem er vieles zu den Personen, und deren Geschichten aus der Vergangenheit erklärt. Natürlich stößt man auch sofort auf die Serie bei Apple TV+ und sieht den leicht verlodderten Darsteller des desillusionierten Jack Lamb, der sich durch seine ( hier muss man ein Fremdwort nutzen) Flatulenz auffällt. In der Rolle brilliert Gary Oldman.
Alle Agenten oder Loser, die aus welchen Gründen auch immer im Slough House, in der Abstellkammer von MI 5, in London gelandet sind, haben versagt. Sie werden zwar irgendwie beschäftigt, aber eigentlich sind ihre Aktivitäten im Land der Spione, dem guten alten Joe Country, total sinnlos. Der Neue im Haus ist Lech Wicinski. Auf seinem Dienst – Laptop wurden Kinderpornos gefunden und natürlich behauptet Lech, dass er mit diesen widerlichen Aufnahmen nichts zu tun hat. Sein Verfahren läuft noch, aber eigentlich ist er schon abgeschrieben. Auch seine Mitstreiter im Hause, Louisa Guy, Shirley Dander, Roddie Ho, J.K. Coe, Catherine Standish, River Cartwright, Jackson Lamb sind nicht sonderlich begeistert von Lech.
Spannung kommt auf, als alle möglichen Agenten zu einer Beerdigung gehen müssen. Im Sarg liegt River Cartwright´s Großvater, der zuletzt in seiner Demenz versunken ist. Zur Beerdigung taucht der gerissene Frank Harkness auf, Rivers Vater, der als einstiger Spion die Seiten gewechselt hat. River erkennt ihn, während er aus seinem Leihwagen die Beisetzung beobachtet, und versucht ihn zu stellen, aber umsonst. Kurz nach der Beerdigung erhält Louisa Guy einen Anruf von Min Harpers Ehefrau Clare. Luisa hatte einst einen Einsatz vermasselt und Min Harper, der schon seit zwei Bänden tot ist, hatte eine wichtige, absolut geheime Diskette in der U-Bahn vergessen. Beide hatte die Tristesse im Slough House verbunden und eine Affäre und so fühlt sich Luisa immer unbehaglich, wenn Clare sich meldet. Ihr Sohn siebzehnjähriger Sohn Lucas ist verschwunden und das, ohne sein Handy. Sehr verdächtig. Luisa nimmt sich, auch aus schlechtem Gewissen, Urlaub und macht sich auf die Suche und die führt direkt nach Wales. An ihrer Seite wird Emma Flyte sein, der gekündigt wurde. Der Grund: Diana Taverner hat endlich ihr Ziel erreicht und ist nun auch nominell Chefin des MI 5 und sie kann die attraktive, sehr smarte Emma in ausstehen. Seltsamerweise werden sich in Wales alle Protagonisten treffen, nicht nur der hassenswerte Frank Harkness, sondern auch Lucas und eine Gruppe von exponierten, feinen Mitgliedern der Gesellschaft, die nichts besseres vorhaben, als auf Menschenjagd zu gehen.
Mick Herron erzählt sarkastisch eine äußerst düstere Geschichte. Mit wenig Respekt vor dem königlichen Herrscherhaus oder irgendwelchen Politikern stehen wie immer Intrigen und kriminelle Vertuschungen an. Alle angerissenen Konflikte fließen im winterlichen Wales zu einer unsäglichen Geschichte zusammen, die einen nur schaudern lässt, weit ab von möglichen Realitäten hoffentlich.
Eine Reihe, die es zu entdecken gilt.