Laura Dave: Beschütze sie, Aus dem Amerikanischen von Stefan Lux, TB, Heyne Verlag, München 2022, 320 Seiten, €15,00, 978-3-453-42691-7
„ Beschütze sie. Aber wovor? Vor dem, was Owen bei The Shop getrieben hat? Was er dort hat geschehen lassen? Oder geht es Owen darum, dass Bailey vor etwas anderem beschützt werden muss? Vor etwas, was ich noch nicht erkenne? Vor etwas, das ich nicht erkennen will?“
Als sich die freiberufliche, vierzigjährige Hannah Hall, sie drechselt zu entsprechenden Preisen Holzmöbel für die Besserverdiener, in den IT-Spezialisten Owen Michaels verliebt, ahnt sie nicht, dass er sich seine Zukünftige ganz genau angesehen hat. Immerhin muss Hannah mit Owens sechzehnjähriger Tochter Bailey auskommen und das ist eine Mammutaufgabe. Bailey nervt mit ihren pubertären Anwandlungen und sympathisch ist sie sicher nur ihren Freundinnen. Befremdlich für deutsche Lesenden ist sicher die Tatsache, dass Jugendliche in den USA ständig irgendwo hingefahren oder abgeholt werden müssen. Das mag sicher an den öffentlichen Verkehrsmitteln liegen. Jedenfalls zieht Hannah von New York nach San Francisco, nach Sausalito auf ein Hausboot.
Bailey empfindet Hannahs Anwesenheit eher als lästig, immerhin hat sie mit ihrem Vater nach dem Unfalltod der Mutter gut zwölf Jahre allein gelebt.
Alles läuft bestens, Hannah hat eine ungewöhnlich große Werkstatt, gut dotierte Aufträge und Owen arbeitet erfolgreich in einem Start-up mit dem Namen The Shop, dass unbedingt an die Börse gehen wollte, obwohl die angekündigte App noch gar nicht entwickelt war. Und diese Tatsache ist dann auch der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Avett Thompson, der Hauptverantwortliche der Technologiefirma The Shop, hat offensichtlich betrogen und nun ist alles aufgeflogen. Welchen Anteil Owen an den ganzen Manipulationen hat, ist nicht klar. Sicher ist, dass Owen wie vom Erdboden verschwunden ist. Er hat eine Tasche prall voll mit Dollars noch in Baileys Schuldspind geschmuggelt und einem Kind einen Zettel in die Hand gedrückt, den sie Hannah geben soll. Auf diesem Zettel steht nur: Beschütze sie.
In Rückblenden erzählt Laura Dave nun von Gesprächen zwischen Owen und Hannah. Hannah, als Ich-Erzählerin, versucht zu verstehen, wer Owen eigentlich ist. Wen hat sie da geheiratet, zumal ein U.S. Marshal aus Austin, Texas ihr versucht zu sagen, dass sie keine Ahnung von ihrem eigenen Mann hat. Mit der nervigen Bailey versucht Hannah herauszufinden, warum sich Owen aus dem Staub gemacht hat, denn eins ist wirklich klar, er liebt seine Tochter und würde sie niemals allein lassen. Über einen Anwalt findet Hannah heraus, dass Owen Michaels auch nicht der richtige Name ihres Mannes ist und all seine Geschichten, die die Vergangenheit betreffen, sind Lügen.
Beharrlich wird Hannah allen möglichen Zeichen und Spuren folgen und sie wird hinter Owens Geheimnis kommen.
All dies liest sich wirklich absolut spannend, denn natürlich geht der erfahrene Krimileser vom Schlimmsten aus und natürlich steht im Zentrum der Geschichte auch die langsame Annäherung der beiden so unterschiedlichen Frauen, die kaum Freundinnen werden können. Oder doch?