Eva Rossmann: Fine Dying – Ein Mira-Valensky-Krimi, Folio Verlag, Wien 2023, 288 Seiten, €26,00, 978-3-85256-887-4
„Es gibt nichts Verrücktes, was es in der Küche nicht gibt. Menschlich. Allzu menschlich. Wir können lernen, ganz ohne das man uns programmiert. Durch Denken, durch unsere Sensoren für die Welt, die Menschen rund um uns. Allerdings gibt’s bei Robotern auch keinen Hass. Keine Wut. Keine Verzweiflung. Keine Angst.“
Kochen will gelernt sein und vor allem beim richtigen Umgang mit dem Ofen. Da hat die sechzigjährige Journalistin Mira Valensky doch nicht so das richtige Händchen, denn im neuen Holzofen verbrennt beim ersten Versuch alles. Das kann auch an Miras Leidenschaft fürs Recherchieren liegen. Wenn sie mal damit beginnt, im Internet zu stöbern, dann vergisst sie alles um sich herum, zumal es wiedermal Klagen nach einem ihrer Artikel im Online-Magazin ECCO gibt. Aber das kennt ihr Ehemann Oskar schon längst. Als dann jedoch ein guter Freund, Günter Manninger, Koch und Inhaber des Restaurant „Apfelbaum“ anruft, bahnt sich ein neuer, spannender Fall an.
Manninger kocht gerade nicht in Wien, sondern in der Karibik. Zu seinem Ärger, auch in Österreich hat die Restaurantszene nach Corona ihre Sorgen mit dem Umsatz und dem fehlenden Fachpersonal, wurde einer seiner Hilfskochs erstochen. Der dreiundzwanzigjährige Khaled konnte kaum Deutsch sprechen und war froh, diesen Job zu bekommen. An seiner Seite arbeitet als Chef in der Küche, wenn Manninger nicht im Lande ist, ebenfalls ein geflüchteter Syrer, Esat. Esat hat in Damaskus Filmwissenschaften studiert und sich schnell in Wien umschulen lassen. Er ist enorm ehrgeizig, selbstbewusst und er beherrscht die Landessprache. Natürlich will die Polizei diesen Fall nicht allzu hoch hängen, zumal sich Esat gleich als Tatverdächtiger anbietet, da er angeblich in einem radikalen Moscheeverein gesehen wurde. Mira lässt sich von Manninger überreden, als Küchenhilfe anzuheuern. Sie beginnt mit ihren Recherchen und gewinnt ungeahnte Einblicke. Esat hat, und das wusste sein Küchenchef nicht, noch einen Job in einer Küche angenommen. Er arbeitet beim umtriebigen Oliver Busch, dessen Konzept wirklich ungewöhnlich ist, denn es geht um ein außergewöhnliches KI – Restaurant, in dem Roboter zusagen alle Arbeiten übernehmen. Niemand darf hier die Küche betreten und das hat, Mira wird es durch Esat herausfinden, einen ganz bestimmten Grund. Nicht die KI kocht, sondern die sogenannten „Ameisen“, eine zweite Küche, in der schlecht bezahlte Ukrainerinnen schuften. Esat wollte über diese ausbeuterischen Zustände einen Film drehen.
Die Lesenden fragen sich natürlich ziemlich schnell, ob Esat nicht mit Khaled verwechselt wurde.
Oder wollte Esat den arroganten Busch mit seinem Material erpressen? Und dann ringt Mira auch mit einem Verdacht: Kann es sein, dass die Roboter vielleicht die Gespräche der Gäste belauschen? Mira wanzt sich nun an den selbstverliebten Oliver Busch, der immer nach Bewunderung lechzt, heran, um ihn für ECCO zu interviewen. Busch ist sauer auf alle möglichen Influencer und Blogger, die der Meinung sind, sie hätten Ahnung von der Gastronomie. Fine Dining hat seine Raffinessen, ist nun mal aufwendig und immer wieder neue Ideen entwickeln, kostet nicht nur Geld. Doch Investoren kann Busch schon aktivieren. Mira wird gemeinsam mit ihrer Freundin Vesna und deren genialen Sohn Fran hinter all die Tricks der Branche kommen.
Und doch fragt man sich als Lesender irgendwann, warum musste nun ein unschuldiger Syrer, der aus seinem Land fliehen musste, in Wien sterben?
Mit sehr viel Fantasie und vor allem unschlagbarem, feinen Humor betrachtet Eva Rossmann die Gastronomiebranche. Natürlich wird dauernd gegessen oder vom Essen geredet. Extravagant muss es sein und möglichst hochpreisig, damit man auch den Wert der Küchenarbeit schätzt, auch wenn es angeblich Roboter sind, die da im Hintergrund arbeiten und die Speisen würzen. Zu viel Spaß hat Mira dabei, den Robotern verfängliche Fragen zu stellen, um diese einfach nur zu verwirren. Aber die KI lernt im Gegensatz zum Menschen ja pausenlos hinzu, und wer weiß, was die Zukunft bringt?
Absolut empfehlenswert!