Emma Rosenblum: Bad Summer People, Aus dem Englischen von Carolin Müller, C. Bertelsmann Verlag, München 2024, 384 Seiten, €18,00, 978-3-570-10535-1
„Waren denn alle Menschen in seinem Leben – sein bester Freund, seine Frau, sein Chef – verlogene Arschlöcher? Langsam fing er an zu glauben, dass niemand der war, der er zu sein glaubte.“
Die Superreichen stammen meistens aus bereits wohlhabenden Familien, sie erben und sie wählen Berufe, die ihr Vermögen weiterhin vergrößern werden. Sie sind Anwälte, Hedgefond – Manager, Medienberater oder Investmentbanker. Und diese Menschen können für Millionen Dollar auf einer wunderschönen Insel gleich neben Long Island ein luxuriöses Sommerhaus kaufen, um dort die wohlverdienten Ferien zu verleben. Sie nehmen für die Kinder, die zuckerfrei und nur mit Bioprodukten gefüttert werden, die Nanny mit und es gibt ein Sommerlager für die verwöhnte Brut. Warum sollen Mütter auch ihre Zeit mit den Kindern verbringen, am Strand zusammen spielen und ihnen das Frühstück machen? Und so reisen die Parkers, die Weinsteins, die Metzners und all die anderen Familien der Generation der Dreißig – bis Vierzigjährigen in ihren Designerklamotten zum Sommerbeginn nach Salcombe und freuen sich auf die erholsame Zeit an weißen Stränden mit ziemlich viel Alkohol, Partydrogen, Tennisturnieren, Langeweile und Tratsch. Als beste Freunde kennen sich Jason Parker und Sam Weinstein bereits seit ihrem fünften Lebensjahr. Angeblich eng verbunden leben sie in New York, sehen sich aber wirklich Tag für Tag auf der Insel. Hier kann niemand dem anderen wirklich aus dem Weg gehen. Dabei hasst Jason den Überflieger Sam schon seit langer Zeit und wünscht ihm mehr als nur die persönliche Insolvenz.
Doch gleich zu Beginn, der Sommer geht bereits dem Ende entgegen, wird eine Leiche gefunden. Wer das Opfer sein könnte, fragen sich die Lesenden natürlich beim Kennenlernen der zahlreichen Figuren, die sich in diesem Roman das Leben schwer machen. Zu den kaum Betuchten gehört Robert Heyworth. Als einstiger aufsteigender Tennisprofi verlief seine Karriere nicht so wie erwartet. Nun muss der attraktive Fünfunddreißigjährige Tennisstunden für die mehr oder weniger begabten Millionärsgattinnen und Gatten geben.
Emma Rosenblum lässt ihre Protagonisten aus der personalen Erzählperspektive schonungslos das Geschehen in diesem Sommer beschreiben. So wird den Lesenden jeweils die Außen- wie die Innensicht der Figuren vermittelt. Erscheint zum Beispiel die gut aussehende Jen Weinstein, die als Psychologin arbeitet, von außen her als charismatische, jung gebliebene Frau, die eine harmonische Ehe führt, ihre Kinder gut erzieht und auch sonst besonnen die Dinge betrachtet. So weiß man aus der Innensicht, dass sie ihren Mann mit seinem besten Freund Jason und nicht nur mit ihm schamlos betrügt, ihre Kinder, so bitter es klingt, sie langweilen und sie sich mit ihren Anfang vierzig um jeden Preis lebendig fühlen will. Wie auf dem Schulhof bilden sich auch unter den Frauen Cliquen heraus, die sich gegenseitig angiften und Lügen verbreiten. Beobachtet werden die reichen Frauen und Männer von ihren Nannys, aber auch dem Barkeeper Micah oder der herrischen dreiundsiebzigjährigen Susan Steinhagen, die als rüstige Witwe schnell herausfindet, dass der gute Robert nicht nur ein Verhältnis mit Lauren, Jasons Frau hat, sondern auch den Tennisclub betrügt.
Schlägt sich Sam mit dem Vorwurf eines sexuellen Übergriffs in der Kanzlei herum, dessen er sich nicht schuldig gemacht hat, so trauert die einzige alleinstehende Frau, Rachel Woolf, die amtierende Klatschkönigin darum, dass er nicht sie zur Frau genommen hat.
Jeder kennt jeden und jeder wahrt, so lang es geht, den Schein bis zu dem Moment, wo die Affäre der eigenen Frau mit dem besten Freund ans Tageslicht kommt und eine Leiche nach einem Sturm gefunden wird.
„Bad Summer People“ erinnert stellenweise an Urlaubsgeschichten mit düsterem Unterbau, ist aber trotzdem eine interessante Strandlektüre. Irgendwann können die Figuren nicht mehr an sich halten und es wird Tacheles geredet. Emma Rosenblums Debüt lebt von seinen gut gezeichneten Figuren und der Sicht auf diejenigen, die alles haben und doch nicht glücklich leben können.