Susanne Mischke: Eiskalt tanzt der Tod, Piper Verlag, München 2022, 336 Seiten, €16,00, 978-3-492-06295-4

„Hätte Völxen geahnt, was auf ihn zukommt, hätte er Sabine zu deren Geburtstag auch ein Wellness-Wochenende im Harz geschenkt und nicht diesen Tango-Basis-Kurs. Fünf Samstage hintereinander! Das grenzt an Masochismus, was hat er sich nur dabei gedacht, fragt sich der Hauptkommissar heute, wo er um einige Erfahrungen reicher ist. Typischer Fall von Selbstüberschätzung und kompletter Ahnungslosigkeit.“

Im feinen, viel zu engen Zwirn fährt Hauptkommissar Bodo Völxen im Rücken leicht lädiert und missgelaunt am Samstag mit seiner Ehefrau Sabine zur Tanzschule von Alba Martinez. Musste er doch letzte Woche mit einiger Scham beobachten, wie der einundsiebzigjährige Vater von Alba Martinez, Aurelio, Sabine gekonnt über den Tanzboden führte. Doch nun liegt Aurelio Martinez erschlagen in seiner eigenen Villa im besten Viertel Hannovers. Die Tatwaffe ist ein antiker Silberleuchter. Offenbar finanziell gut abgefedert verdiente sich Aurelio Martinez sein Geld als gut bezahlter Kunstmakler. Er selbst sammelte ohne große Leidenschaft Künstler der russischen Avantgarde. Alles in der Villa sagt dem Besucher, hier leben Menschen mit auserlesenem Geschmack. Teure Antiquitäten, wertvolle Bilder, bürgerliches Ambiente und Mord passen allerdings nicht so gut zusammen.
Bodo Völxen und seine Mitarbeiter, ein buntes Multikulti – Völkchen aus ganz unterschiedlichen Charakteren, gehen nun jeder Spur nach, die sich eröffnet. Schnell wird klar, dass es schon verwundert, dass das Opfer akzentfrei Deutsch sprach. Im Jahr 1982 nach dem Ende der Diktatur in Argentinien nach Deutschland ausgewandert, bezog die Familie Martinez ihren prunkvollen Wohnsitz. Offenbar war die Ehe der Martinez nicht sonderlich glücklich. Die Tanzschule gründete die Ehefrau und Tochter Alba führte sie dann weiter. Sohn Rafael lebt in Barcelona. Vom Vater verstoßen und enterbt hat der homosexuelle Rafael seit einundzwanzig Jahren keine Wort mehr mit dem Opfer gewechselt.
Immer tiefer dringen die Ermittler mit ihren Recherchen in die Familienverhältnisse der Martinez Familie, auch Dank eines Nachbarn, ein. Natürlich dreht sich dabei alles um den biografischen Hintergrund des Großvaters von Aurelio, Hannes Martin, der nach 1945 auf der sogenannten Rattenlinie von Hannover nach Südamerika geflohen war.

Parallel zu dem Fall des getöteten Argentiniers ereignen sich zwei weitere Verbrechen. Eine junge, offenbar illegal in Hannover lebende junge Frau wird erwürgt und verbrannt auf einer Bank mitten in der Stadt gefunden und ein gewisser Luis Alvarez kann seinem Angreifer gerade noch so schwerverletzt entkommen.
Doch wer steckt nun hinter dem Mord an dem alten Herrn aus Buenos Aires? Niemand, so behauptet die Haushälterin Caroline Wagner, die ja so einiges mitbekommt, habe ihn bedroht. Sie wohnt mit ihrer verhassten Schwester Pauline Kern im Obergeschoss der Villa. Pauline, das völlige Gegenteil von Caroline, hatte mal eine Affäre mit Aurelio und weiß wahrscheinlich mehr über ihn als ihm lieb gewesen war.
Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen all den Morden und Mordversuchen im feinen Hannover und natürlich wird Völxen mit seinen Mitarbeitern diesen Fall lösen.

Zu vorhersehbar, trotz vieler überraschender Wendungen ist das Geschehen und die auch holzschnittartigen Protagonisten rund um das Opfer. Die bemühte Nazivergangenheit, gekränkte Eitelkeiten, aber auch undurchsichtige Familienverhältnisse bilden den Hintergrund für die Ermittlungen mit zu vielen Redundanzen. Zu viele Themen werden dabei bemüht, von der Rettungsaktion für einen abgelehnten irakischen Asylbewerber bis hin zu dem unglaublichen Fund von Raubkunst mitten in Deutschland. Alles nicht neu, alles irgendwie schon mal da gewesen.

Spannend sind bei Susanne Mischke in ihrem 11. Band rund um Bodo Völxen mit seinem Hund Oskar und seinen Schafen eher die Ermittler und Ermittlerinnen und die lakonisch lockere Art, wie sie ihre facettenreichen Figuren, die sich nicht immer an die Regeln halten, auftreten lässt und welchen Spielraum sie ihnen gibt.