Gil Ribeiro: Einsame Entscheidung – Lost in Fuseta, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2022, 391 Seiten, €17,00, 978-3-462-00102-0
„Losts Denken beruhte auf Vernunft und Logik. Es ging im Moment gar nicht darum, etwas Wesentliches zum Fall beizutragen, er wollte schlicht dieses Loch in der Logik flicken, er wollte wissen, was mit Brents Schuhen passiert war. Um einen Haken hinter diese Frage zu machen und sie abzuschließen.“
Leander Lost ist der vierunddreißigjährige Alemão in Gil Ribeiros fünftem Band in der Reihe „Lost in Fuseta“. Angesiedelt in Fuseta, einem Fischerdorf an der Algarve, dürfte die Polizei eigentlich nicht allzu viel zu tun haben, denkt man. Aber weit gefehlt, die Polizei ist nicht nur Taschendieben oder kleinen Drogendealern auf der Spur. Mit Leander Lost haben sie auch noch einen Austauschermittler aus Hamburg, der bei 32° C im schwarzen Anzug mit Espadrilles herumläuft und an den Gesichtern ablesen muss, ob sich Menschen freuen, traurig sind oder gar lügen. Kurz gesagt, Lost hat kein Gefühl für Humor oder gar Zwischentöne und das Wort „Aha“ fügt er ein, wenn ihm nichts einfällt. Er liebt Ordnung, sehr deutsch.
Im neuen Fall dreht sich alles um einen mysteriösen Mord. Die Polizei findet einen toten Engländer in der Dusche, der offenbar erstochen wurde. Angereist ist Jack Brent mit Antonia Santos. Beide stammen aus dem 600 km entfernten spanischen El Ejido. War es nun eine Beziehungstat? Die Lesenden sind schlauer und wissen, dass die beiden eine Mission hatten. Doch warum sucht Antonia das Haus aus, wo sie einst gewohnt hat und das nun vermietet wird? Und wohin ist sie entschwunden? Hat sie ihn getötet? Laut Handyüberwachung waren beide zur gleichen Zeit im Haus. Seltsam ist, dass die Sachen von Brent verschwunden sind, einschließlich der Schuhe. Das lässt Leander Lost keine Ruhe. An den Spuren entdeckt er, dass zwei Männer und Brent im Garten gekämpft haben müssen und dass Brent irgendetwas weggeworfen hat. Lost glaubt, dass die Männer Brent getötet und in die Dusche getragen haben. Als Antonia Santos später im Haus gefasst wird, stellt sich auch heraus, dass sie zum Zeitpunkt der Tat sich nicht im Haus aufgehalten hat. Doch wer kann die Überwachungsdaten der Handys manipulieren?
Als dann plötzlich Ermittler aus Lissabon vor der Tür stehen und Antonia Santos wegen eines anderen Falls nach London überführen wollen, wird Lost langsam skeptisch. Im Garten des gemieteten Hauses finden die Ermittler einen Stick, auf dem allerdings nur das Bild des Flughafens von Almeria zu sehen ist. Sie vermuten, dass das Foto steganografisch bearbeitet wurde.
Leander Lost muss eine „einsame Entscheidung“ treffen. Er und sein eitler spanischer Kollege Miguel Duarte bringen Antonia Santos zum Flughafen. Doch bei der Übergabe fehlt dem Alemão
ein Formular und Lost entscheidet, dass Antonia in Portugal bleibt. Duarte ist sauer, denn er will endlich in die Hauptstadt zur Polizei wechseln. Kurz nach dem Debakel auf dem Flughafen werden Lost, Duarte und Santos überfallen und Lost kettet sich an Antonia, damit die Entführer, die Brent getötet haben, ihn mitnehmen müssen. Sie schaffen es, zu fliehen und Lost ahnt, dass es einen Maulwurf bei seinem Team geben muss. Doch was steckt hinter all den Aktionen? Was ist so wichtig an Antonia Santos, dass sich offenbar der Geheimdienst und englischen Auftragskiller für sie interessieren? Und wofür musste Jack Brent sterben?
Alles sehr verzwickt, insbesondere als fremde Ermittler das Team von Lost ablösen, um deren Arbeit zu übernehmen. Lost auf der Flucht mit Antonia Santos, die feststellen muss, dass sie gar nicht die Dokumente hat, die sie doch veröffentlichen wollte, werden nun vom eigenen Team und den Geheimdienstlern, denen sich natürlich der spanische Pfau Duarte andient, verfolgt.
Um perfide wie skrupellose Machenschaften der Industrie um größtmögliche Gewinne dreht sich dieser absolut spannende Krimi, in dem Moral und Anstand den Sieg davontragen könnten, gäbe es nicht gewissenlose Unternehmen in Südamerika oder China.