Tess Gerritsen, Gary Braver: Die Studentin, Aus dem Englischen von Andreas Jäger, Limes Verlag, München 2021, 383 Seiten, €15,00, 978-3-80902748-5
„Ihm kam plötzlich der Gedanke, dass er, obwohl er und Taryn sich so nahe gewesen waren, wie zwei Körper es nur sein können, tatsächlich nur sehr wenig über sie wusste. Sie war vielleicht verrückt. Sie könnte gefährlich sein. Eines wusste er jedenfalls: Wenn sie wollte, könnte sie ihn vernichten.“
Die zweiundzwanzigjährige Studentin der Literaturwissenschaften Taryn Moore ist aus dem vierten Stock ihres Hauses in den Tod gestürzt. Ihr Handy ist verschwunden und Detective Frances „ Frankie“ Loomis und ihr Partner Mac Clellan zweifeln an einem Selbstmord.
Akribisch gehen sie allen Spuren nach.
Zeitversetzt, immer unterteilt in einem DANACH und einem DAVOR, erzählen die Autoren nun von Taryn, ihrem Leben, aber auch den Männern in Taryns Umgebung. Taryn verzeichnet gute Leistungen und sie ist ihrem Dozenten, Prof. Jack Dorian, durchaus sympathisch. Im Seminar mit dem Thema: „Liebende unterm bösen Stern“, das sich mit dem Scheitern verurteilter Liebe von der Antike bis in die Gegenwart beschäftigt, fällt Taryn durch intellektuell anspruchsvolle Redebeiträge auf. Doch Taryn, die nur mit Mühen ihr Studium, auch mit Hilfe ihrer alleinstehenden Mutter, finanzieren kann, klammert sich obssesiv an ihre Partner. Als Liam, der finanziell viel besser gestellt ist als Taryn, sie verlässt, steigert sie sich in die Idee, dass sie für ihn nur „die Hure“ war und zieht so Parallelen zu ihrer Lektüre über Aeneas und Héloise. Vom Ehrgeiz angestachelt, um es ihm zu beweisen, stürzt sich Taryn auf ihren Dozenten. Jack läuft, wie so viele andere Lehrkräfte, auf heißen Kohlen. Nur ein falsches Wort, eine falsche Formulierung und er kann mit Pech sexistischer oder rassischer Äußerungen wegen vor einem Tribunal landen. Es soll sogar Triggerwarnungen für Seminare geben, wenn es um heikle Themen geht, die sensible Gemüter schocken könnten. Jack verweigert dies, da er der Meinung ist, dass er es mit Erwachsenen zu tun hat. Aber auch Jack, dessen Frau viel arbeitet, unterliegt den Reizen der zwanzig Jahre jüngeren Taryn. Ein schwerer Fehler, denn nun beginnt sie, ihn zu erpressen.
Jedes Geschehen in dieser sehr einfach gestrickten simplen Handlung ist vorhersehbar. Rache aus Liebe, ein angeblicher Selbstmord, der dann doch ein Mord ist, Polizisten, die nicht schnell aufgeben, sondern genau hinschauen und die Überlappungen von Liebesverrat in klassischen Epen mit dem aktuellen Geschehen. Auf unterstem Niveau sind auch die Szenen, die sich im Seminarraum abspielen. Wenn in den USA so über klassische Literatur gesprochen wird, dann kann es mit der Bildung nicht weit her sein.
Literarisch kaum erwähnenswert, überzeugen nicht mal die eindimensionalen Figuren, denn auch sie erscheinen wie am Reizbrett gezeichnet.
Ein Enttäuschung!