Araminta Hall: Die dritte Freundin, Aus dem Englischen von Carola Fischer, Heyne Verlag, München 2021, 446 Seiten, €10,00, 978-3-453-42466-1
„ Sie wusste, dass es falsch war, mit ihm zusammen zu sein, sehr falsch, dennoch hatte sich nichts zuvor so lebensnotwendig angefühlt.“
Eleanor, Nancy und Mary sind enge Freundinnen seit ihrer Studienzeit. Alle drei haben sich nie aus den Augen verloren, obwohl ihre familiären Entscheidungen nach dem Studienabschluss sehr unterschiedlich ausgefallen sind. Eleanor arbeitet bei einer NGO und hat sich nie an einen Mann gebunden. Nancy lebt in einem großen Haus mit Ehemann und Tochter Zara. Sie arbeitet seit Kurzem als Übersetzerin, denn nur Frau eines Anwalts und Mutter sein hatten sie nie ausgefüllt. Eleanor weiß, dass Nancy einen Liebhaber namens David hat, den sie jedoch nach der späten Einsicht, dass sie eigentlich nur ihren Mann Robert liebt, nicht mehr abschütteln kann. Mary hat nach dem Studium an der Universität als Altphilologin geforscht und sich dabei in ihren verheirateten Professor verliebt. Als sie schwanger wird, entschließt sich der vierzigjährige Howard mit Mary zusammenzuleben. Dass er ein ausgemachter Narzisst ist, erkennt die jungen Frau viel zu spät in ihrer Ehe. Doch zu diesem Zeitpunkt hat sie bereits drei Kinder und ahnt, dass Howard immer wieder Affären hat. Mary ändert nichts an ihrem Leben, denn ohne Arbeit, mit den Kindern, ohne Rückhalt ihrer Familie und kaum Geld sieht sie keine Zukunft. Doch nun ist Howard schwer erkrankt und sie darf den alten Mann pflegen.
Mal in der Gegenwart, dann wieder in Gedankenströmen sich an vergangene Zeiten erinnernd, erzählen die drei Freundinnen von ihrem Alltag. Allerdings kann Nancy nur im Rückblick berichten, denn sie wurde offenbar brutal geschlagen und dann schwer am Hinterkopf verletzt. An dem Abend als sie getötet wurde, traf sie sich mit Eleanor zum Essen und danach mit ihrem Liebhaber David, von dessen wahrer Identität niemand eine Ahnung hat.
Erst wenn Nancy aus ihrer Sicht von den Geschehnissen berichtet, erfahren die Lesenden, dass ihr anhänglicher Liebhaber Howard ist. Er kann nicht verkraften, dass die Frau, die er offenbar wirklich liebt, ihn ablehnt. Nancy schämt sich für ihre Schwäche, Howard in einem Moment der völligen Depression nachgegeben zu haben. Glaubt Eleanor, dass Robert erst von ihr erfahren hat, dass Nancy fremdgeht, so weiß der Leser längst, dass Robert von der unglücklichen Liebschaft seiner Frau wusste und die Ehe seltsamerweise dadurch einen Kick bekommen hat. Allerdings blieb auch ihm verborgen, wer dieser David war.
Nach und nach, szenisch aber einfach zu ausufernd und retardierend, entblättert sich das Leben von drei Frauen, die jede auf ihre Weise nach dem Glück sucht. Liegt dieses Glück in der Mutterschaft, im erfüllenden Beruf oder in einer Kombination aus beidem nebst gutem Ehemann? Diesen Fragen gehen die Frauen nach und finden keine richtige Antwort. Geht Eleanor eine Liebesbeziehung mit Robert ein, die zum Scheitern verurteilt ist, so sucht Mary einen Ausweg aus ihrer Rolle als Altenpflegerin für ihren verhassten Ehemann, dessen Verhältnis mit ihrer besten Freundin per Zufall entdeckt wird. Bleibt die Frage, wer nun Nancy auf dem Gewissen hat.
Araminta Hall öffnet verschiedene Türen, um den Lesenden einen Einblick in den Lebensalltag der Frauen zu gewähren. Doch was hat den drei Frauen ihre Freundschaft wirklich bedeutet, wie nah waren sie sich wirklich und was hat letztendlich dazu geführt, dass am Ende nur noch Verrat und Kummer übrig bleiben? All diesen Fragen geht die Autorin nicht nach und das ist schade.