Michael Kobr: Nebel über Rønne, Goldmann Verlag, München 2024, 416 Seiten, €24,00, 978-3-442-31690-8
„Doch die Zeit vor ihrem Tod lag für Lennart und seine Kolleginnen nach wie vor im Dunkeln. War es wirklich nur Zufall gewesen, dass sie sich alle gleichzeitig in dem kleinen Privatjet befunden hatten, als das tödliche Gas ausgeströmt war?“
Als Lennart Ipsen, Leiter des polizeilichen Ermittlungsdienstes für personengefährdete Kriminalität in der Inselhauptstadt Rønne, von einer Weiterbildung aus Kopenhagen in einem kleinen Flugzeug bei Nebel und aufkommendem Unwetter mit flauem Gefühl im Magen auf dem Flughafen in Bornholm landet, ahnt er schon, dass irgendetwas nicht stimmt. Und richtig. In der Cessna, die gerade glücklich aus dem schwedischen Kalmar ankommend vor ihm das Rollfeld erreicht hat, befinden sich drei Leichen. Und es kommt noch schlimmer. Getötet wurden sie durch Giftgas. Mit einem ausgelösten Funksignal von einem Handy aus strömte in den Innenraum der Cessna Blausäure. Ein perfider Plan. Ipsens Kolleginnen, Britta Blomdal und Tao Nguyen, sind bereits vor Ort und natürlich gibt es gleich Zoff mit der Spurensicherung, denn Ipsen und Henning Povlsen können sich nicht ausstehen. Niemand darf in die Nähe des Flugzeugs, denn der hochgefährliche Giftstoff hat auch bereits den Ersthelfer von der Feuerwehr ins Krankenhaus gebracht. Schnell stellt sich die Frage, ob dieser Anschlag auf die drei Männer mit einer Terrororganisation in Verbindung zu bringen ist oder der organisierten Kriminalität zuzuordnen sei. Klar ist auch, dass Ipsen diesen Fall nicht der Kopenhagener Polizei übergeben will, denn auch Britta und Tao sehen sich nicht als Provinzbullen, die keine Ahnung haben. Allerdings arbeiten die Bornholmer Ermittler gegen die Zeit. Sie haben nach ersten Recherchen nur noch zwei Tage, um den oder die Täter zu fassen.
Wie immer umkreist Michael Kobr bei diesem spannenden Fall das Privatleben seines Ermittlers, der nun doch eine engere Beziehung mit der Restaurantbesitzerin Maren Fabricius eingehen möchte.
Zuerst erkunden die Bornholmer Ermittler das Umfeld der Toten. Da ist zum einen der Pilot Henrik Forsberg, Hotelier und Investor im Tourismusbereich, dann Finn Iversen, der Mann der Pfarrerin Birte Lauritsen, die in einer sehenswerten Rundkirche predigt und Bjarne Møller, Teeladenbesitzer und offensichtlich auch Drogenschmuggler. Jedes Opfer könnte Ziel des Anschlags gewesen sein, denn es fällt der Polizei schwer, etwas zu finden, was die drei verbindet. Schnell wird klar, warum zum Beispiel Finn Iversen 15.000 Euro bei sich hatte. Als notorischer Spieler hat er sich und seine Frau immer wieder in Schwierigkeiten gebracht, denn die Inkassotypen aus Osteuropa sind nicht sonderlich zart besaitet. Bjarne Møller war neben seinem Drogenkonsum ein nicht gerade sympathischer Zeitgenosse, der immer wieder die Konfrontation auch im Philanthropenverein gesucht hat und seine Homosexualität im Gegensatz zu seinem Partner offen ausgelebt hat.
Lennart Ipsen jedenfalls sucht verzweifelt nach einem Motiv und muss auch noch nebenher seinen anstrengenden Vater, der mit seiner anspruchsvollen, jüngeren Freundin auf der Insel weilt, unterhalten. Und dann probt auch noch seiner sechzehnjährige Tochter Magda in der Schule den Aufstand.
Erst mit Hilfe seines Vorgängers bei der Polizei, dem umtriebigen Morton Nygaard, der mit Britta nach Schweden fliegt und vor Ort Befragungen durchführt, kommt endlich Licht in den Fall, bei dem zur Erleichterung der Ermittler keine Mafia die Hände im Spiel hat.
Unterhaltsam sowie literarisch auf gutem Niveau wie auch beim Vorgängerband hat Michael Kobr alle Fäden in der Hand und führt die Lesenden immer wieder in die falschen Richtungen, um immer wieder auch bemerkenswerte Infos über die dänische Insel einfließen zu lassen.
Wer sich für den ersten Band interessiert, hier der Link zur Besprechung: