Marcel Huwyler: Das goldene Taschenmesser – Der erste Fall für Eliza Roth-Schild, Atlantis Verlag beim Kampa Verlag, Zürich 2022, 240 Seiten, €16,90, 978 3 7152 5008 3

„Der Start ins Leben 2.0 der gewesenen Eliza Roth und der neuen Eliza Roth, geborene Schild, war geglückt. Mickriges Bindestrichlein sei Dank.“

Eliza Roth-Schild, einst Stewardess, ist in ihrer dreiundzwanzig Jahre andauernden kinderlosen Ehe ein luxuriöses Leben in der schönen Schweiz gewohnt. Sie weiß, welche Weine Frau von Welt trinken sollte und was sie anziehen muss, um edel zu wirken. Ihr Ehemann und Unternehmer Hardy jedoch scheint sich, in vielem verspekuliert zu haben. Beim kläglichen Versuch, die Versicherung zu betrügen, ist er unglücklicherweise in seiner Villa verbrannt. Eliza weint ihm ein paar Tränen nach, bis sie bemerkt, dass sie demnächst von Sozialhilfe leben darf und viele Gläubiger ihr das Leben in Zukunft zur Hölle machen werden. Doch Eliza, sie kann nicht gerade sagen, dass sie von Anteil nehmenden Freundinnen umgeben ist, ist ein Steh-auf-Frauchen. Schnell organisiert sie sich auf ziemlich schräge Weise ein Grundkapital, bei dem ihre weiblichen Rundungen, auch um die Fünfzig kann Frau noch gut aussehen, behilflich sind. Sie lernt den ebenfalls etwas ausgebufften zwanzig Jahre jüngeren Fabio Caprez kennen, der als Möbelschreiner am Theater arbeitet, aber nebenher Antiquitäten mit nicht gerade legalen Mitteln produziert. Eliza überlegt sich einen neuen, äußerste exklusiv klingenden Namen und sie hofft mit ihrer Menschenkenntnis als einstige Stewardess und ihrem sicheren Auftreten als einstige Dame der Gesellschaft, irgendwie zu Geld zu kommen.
Eliza muss sich also eine Geldquelle besorgen, Fabio fühlt sich immer zu älteren Damen hingezogen und schon kommen die beiden ins Gespräch. Verfolgt von der allzu hartnäckigen Geliebten ihres Mannes, die ihm angeblich viel Geld als Darlehen ( Ohne Quittung! Wie blöd muss man denn sein?) überlassen hat und bedrängt vom Antiquitätenhändler Brühwiler taucht Eliza bei Fabio unter. Dieser hat zum Glück ein kleines Schlösschen, dass er für einen Verwandten hütet. Brühwiler ist ziemlich hartnäckig, denn er hat auf ein Schweizer Offiziersmesser aus dem Jahr 1912 abgesehen, von dem Hardy Roth eine wirklich interessante Geschichte erzählt hat, in der nicht nur ein reicher Guggenheim, sondern auch die legendäre Titanic eine Rolle spielt. Als dann auch noch ein Gönner das Pleiteunternehmen von Hardy Roth kaufen möchte, beginnt Elizas wirtschaftlicher Aufstieg. Denn auch er kennt Hardys Geschichte vom goldenen Taschenmesser und er bietet Eliza eine ziemlich dubiose Alternative zur Sozialhilfe an. Wirtschaftsspionage oder besser „Business Research“.

Temporeich und witzig liest sich dieser erste Fall der wirklich einfallsreichen und ziemlich unsympathischen Frau Roth-Schild. Was ist Fake, was ist echt? Diese Frage scheint die Gesellschaft immer mehr zu beschäftigen. Komisch ist nur, dass das was für Fake gehalten wird, ab und zu auch die Wahrheit sein könnte.
Eliza Roth-Schild ist eine sehr ambivalente Figur, die clever agiert und Gefühle in diesem ersten Band erst einmal außen vor lässt. Mit Männern kann sie umgehen und daraus kann sie Kapital schlagen. Man darf gespannt sein, was sie im nächsten Band so anstellt und wer ihr immer noch auf den Fersen ist.