Harry Kämmerer: Totwald, Nagel & Kimche, München 2022, 269 Seiten, €18,00, 978-3-7556-0000-8

„Wie konnten diese Menschen so komplett verschwinden? Ohne jede Spur. Natürlich sind sie tot. Was denn sonst? Nach so vielen Jahren. Mader sucht im Haus nicht sie, sondern ihre Geschichte.“

Der Münchner Kriminalkommissar Mader hat seinen Dackel Bajazzo und seine Leidenschaft für Catherine Deneuve, Polizistin Dosi, eigentlich Doris Roßmeier, liebt ihren Fränki, Zangl nervt seine liebe Familie und Klaus Hummel, Kriminalbeamter, ist nun endlich stolzer Besitzer eines Kleingartens. Allerdings hatte er nicht erwartet, dass die neugierigen Nachbarn ihm die Bude einrennen, ihn mit Regeln traktieren und seinen wohlverdienten Feierabend stören. Allerdings trifft er per Zufall einen alten Lateinlehrer von seiner ehemaligen Schule, der in der Siedlung in einem geerbten Haus mit großem Garten lebt. Gerry Schimmelpfennig ist ein unterhaltsamer Zeitgenosse, der allerdings, vom Leben gezeichnet, etwas zu viel trinkt. Hummel jedenfalls schreibt wie immer Tagebuch und Mader wird im Auftrag von seinem Chef, Dr. Günther, Sonderurlaub nehmen. Niemand soll wissen, dass er einen dreißig Jahre alten Fall nochmal untersucht. Damals konnte zu Günthers Schande nichts aufgeklärt werden. Doch nun will Günther einen Konkurrenten auf der Karriereleiter ausschalten und benötigt einen Erfolg. Mader soll ganz unbefangen nochmals den Spuren des brutalen Mordes an dem CSU – Politiker Dr. Heribert Winkler nachgehen und der Frage, warum nie die Leichen von Frau Winkler und den drei Kindern gefunden wurden.

In der Zwischenzeit begeben sich Dosi und Zangl zu einer Villa in Grünwald. Zangl denkt natürlich gleich an die legendäre Serie „Derrick“, die sicher alle älteren LeserInnen noch kennen, und die sehr oft bei den Reichen und Schönen im wohlhabenden München gespielt hat. Gestorben ist der eigentlich gut trainierte und offenbar auch gesunde Ferdinand von Pröller, Inhaber einer Konservenfabrik. Die Haushälterin findet den Toten im hauseigenen Swimmingpool. Dosi hört auf ihr Bauchgefühl und kann nicht glauben, dass Pröller einfach so dahingeschieden ist. Sie verdächtigt natürlich die viel zu junge Ehefrau, die allerdings als Consultant bei KPMG arbeitet und somit nicht ins Klischee der Ehefrau passt, die ihren Alten des Geldes wegen um die Ecke bringt. Und natürlich ist sie auch nicht die Mörderin. Doch Dosi hat sich an der Idee festgebissen und entdeckt auch, dass Pröller vor seinem Tod einer ungeheuren Anstrengung ausgesetzt war. Da das intelligente Haus der Pröllers per APP zu steuern ist, könnte jemand die Gegenstromanlage so manipuliert haben, dass auch ein guter Schwimmer untergehen muss.

Schnell greifen die Ermittler dann noch ihrem Chef unter die Arme, und reisen ins Allgäu, um Mader zu helfen. Auch hier ist Dosi wiedermal diejenige mit den besten Ideen. Wohin konnten Menschen gerade in Zeiten des Kalten Krieges verschwinden? In Bunker. Und aktuell sind Bunker wieder bei Leuten gefragt, die einfach mal so allein für die einfachste Ausstattung 200 000 Euro hinblättern können.
Zurück in München jedoch geschieht ein nächstes Unglück. Hummels Nachbar Gerry wird erhängt auf seinem Dachboden gefunden. War es Suizid? Und warum hat die neugierige Nachbarin nichts gesehen?

Alle Fälle werden die sympathischen Ermittler lösen. Dass die vier Kollegen sich so gut verstehen, macht diese Krimi-Reihe zu einer Ausnahme, denn meistens herrscht zwischen den Ermittlern, ob nun in Schweden oder auch Deutschland eine seltsame Feindschaft und Konkurrenz. Die bayerische Gemütlichkeit, bei der auch gemeinsam im Schrebergarten gefeiert und sicher auch ein Bier zu viel getrunken wird, tut einfach gut. Ärgerlich hingegen ist, dass sich in Münchner Krimis immer alles um Immobilien oder Bauskandale dreht. Und auch im Roman von Harry Kämmerer haben es schnöselige Immobilien-Haie auf seinen Grund und Boden von Gerry Schimmmelpfennig abgesehen, um hier Mehrfamilienhäuser am Rand der Kleingartensiedlung hochzuziehen. Der ermordete Dr. Winkler war ein rücksichtsloser Politiker, der Autobahnzufahrten durch Naturschutzgebiete durchgedrückt hat und auch die Leiche im Pool wollte gewinnbringend zum Nachteil der Mieter Immobilien meistbietend verscherbeln.

Und doch: Kämmerers Krimi ist einfach gut geschrieben und unterlässt jegliche Ausschmückung von Gewalt oder ellenlange Verhöre Verdächtiger.