Anette Hinrichs: Nordlicht – Die Toten im Nebel, Blanvalet Verlag, München 2022, 448 Seiten, 10,00, 978-3-7341-0933-1
„Bei der Aufklärung von Mordfällen zählten vor allem Fleiß, Hartnäckigkeit und ein systematisches Vorgehen. Oftmals fand sich die Lösung in kleinen Details.“
Diese Beobachtung wird sich bewahrheiten, denn die Ermittler im dänisch – deutschen Grenzgebiet zwischen Flensburg und Esbjerg werden bei diesem neuen Fall sehr lange Zeit im Dunkeln tappen.
Zuerst wird das Team von Rasmus Nyborg in eine verlassene Fabrikhalle beordert. Hier wurde der Finanzvorstand von Rønsted Offshore, Nohr Lysgaard, auf einen Stuhl festgebunden und ihm die Kehle durchgeschnitten. Der nächste Tote ist der Handwerker Lennard Friedrich aus Nordfriesland.
Beiden Toten wurden mit dem gleichen Seil Handschellenknoten gebunden und bei beiden fanden sich Bernsteine auf den Fensterbänken. Rasmus Nyborg freut sich, dass er nun wieder mit seiner deutschen Kollegin, Vibeke Boisen, zusammenarbeiten kann. Zwar schätzen beide einander, aber Rasmus ist bekannt für seine Alleingänge und Vibeke muss sich in Dänemark immer erst daran gewöhnen, dass man alle duzt, außer die Königsfamilie. Außerdem hat Vibeke seit neuem einen Freund, einen Journalisten namens Claas.
Parallel zu den Handlungen rund um die Polizeiarbeit wird von Ivonne Faber, einer alleinerziehenden doch recht unglücklichen Mutter, erzählt, die um das Aufenthaltsrecht ihrer achtjährigen Tochter Lea kämpft. Den Kindesvater hatte sie zu recht vor die Tür gesetzt. Dieser scheint aber nun die besseren Anwälte zu haben und einfach mehr Geld. Als dann, und auch noch Rasmusens Chefin, Eva – Karin Holm auf grausige Weise ermordet wird, verzweifeln die Polizisten. Sie finden keine Ansatzpunkte, warum gerade diese Menschen dem Serientäter in die Hände gefallen sind. Auch wenn Rasmus einen Stalker von Eva – Karin stellt, ist er nicht der Täter. Alle möglichen Spuren werden verfolgt, es geht um Drogen und die Vergangenheit der Toten. Nichts deutet auf eine Parallele zwischen all den Toten, zu dem dann noch ein Dachdecker und ehemaliger Drogendealer aus Schweden dazukommt. Auch der extrem nervöse Bernsteinexperte Jon Bjørndahl ist keine Hilfe.
Neben der akribischen Polizeiarbeit erzählt Anette Hinrichs immer wieder auch über Schwierigkeiten ihrer Ermittler mit Kollegen oder auch im privaten Bereich. So hadert Vibeke mit ihrem Stellvertreter, dem schmierigen, wie offensichtlich eifersüchtigen Klaus Holtkötter. Er steckt Claas ein paar Details über die Ermittlungen und sorgt somit dafür, dass die Beziehung zwischen dem Journalisten und der Kommissarin in die Brüche geht. Auch Rasmus schlägt sich mit seinen Vorgesetzten herum. Eigentlich sollte er nach Eva – Karins geplantem Aufstieg im Polizeidienst ihre Nachfolge antreten. Aber nun wird ihm als Leiter der Mordkommission Esbjerg der arrogante
Kasper Saltum vor die Nase gesetzt. Und wieder verfolgt Rasmus ganz eigene Spuren und bringt sich in Gefahr, was Vibeke diesmal nicht tolerieren will.
Anette Hinrichs ist eine detailverliebte Autorin, die gern ihren Hauptfiguren bis ins häusliche Heim verfolgt und berichtet, was im Kühlschrank zu finden ist. Sie umkreist ihr berufliches wie privates Leben und gibt den Figuren dadurch Kontur und vor allem menschliche Züge, was sicher vielen LeserInnen der „Nordlicht“ – Reihe gefällt.