Charles Lewinsky: Einmal Erde und zurück, Diogenes Verlag, Zürich 2019, 184 Seiten, €15,00, 978-3-257-01252-1
„Ein Forscher muss sich schließlich dem Volksstamm anpassen, den er besucht. Wer zu den Menschenfressern fährt, kann nicht Vegetarier bleiben.“
Der Forscher in dieser Geschichte ist ein Kind, allerdings ist es schon 499 Jahre alt und klüger als jeder Erwachsene. Es geht jedoch noch zur Schule und muss nun als Hausaufgabe in seinem Abschluss-Jahr einen Planeten erforschen. Per Raumschiff düst es durch die Galaxien und landet auf der primitiven Erde bei den Menschen. Es läuft 499 Schritte und landet in der Wohnung eines Autors, der mit einer Schreibblockade kämpft. Mit einem Wörterbuch ausgestattet, nimmt das Kind, das aussieht als sei es zwölf, jedes Wort und jede Redewendung pur. So reicht es dem Autor zu seiner Verwunderung die Hand, in dem er diese abnimmt und ihm entgegenhält. Allerdings möchte der Autor die Hand gar nicht haben, obwohl das Kind ihm versichert, es habe noch einen ganzen Koffer davon. Mit ein bisschen Magie kann das Kind allerhand Dinge in Bewegung setzen. Als ihm erklärt wird, dass man weder Cents noch Scheine isst, aber trotzdem Geld haben muss, um etwas zu essen zu kaufen, transportiert das Kind per Blick gleich mal einhunderttausend Euro in den Hut des hungrigen Bettlers. Dass der vorbeikommende Polizist die Logik des Kindes nicht ganz versteht, liegt auf der Hand.
In diesem Jedes – Wort – auf – die – Goldwaage – legen Stil und mit dem ständig wiederkehrenden Satz, dass alles, was die Menschen anstellen, nicht gerade intelligent ist, setzt sich die witzige Geschichte von Charles Lewinsky fort. Ein Kind, der Autor nennt es Michell, egal ob Junge oder Mädchen, schaut von außen auf die Menschenwelt und kann sie so gar nicht für gut befinden.
Zwischendurch spricht der Autor, der ab einem bestimmten Punkt in seinen Gesprächen mit Michell immer anfängt zu brüllen, den jungen Leser an. Auf dem Planeten des Kindes sind die Erwachsenen die Kinder und müssen belehrt werden. Der Autor hat aber keine Lust, belehrt zu werden, auch wenn das Kind bei ihm kurzerhand einzieht und seinen Alltag auf den Kopf stellt. Trotz Vorsicht bei der Wortwahl geschehen immer wieder unglaubliche Dinge. So geht der Autor mit dem Kind in den Zoo, ohne ihm vorher zu erklären, dass jemand, der etwas Unrechtes macht, ins Gefängnis kommt. Gemeint waren da aber eher die Schwarzfahrer in der Bahn.
Das Kind ist beim Betrachten der Tiere ziemlich erbost. Da der Löwe, der Affe und der Bär unschuldig sind und nichts getan haben, befreit das Kind die wilden Tiere aus ihren Käfigen und quartiert sie kurzerhand in der Wohnung des Autors ein.
Am lustigsten jedoch sind die Motive auf den T-Shirts des Kindes, die lebendig sowie thematisch passend die Handlung begleiten. Da lacht sich bei der Diskussion des Autors mit dem Polizisten ein Hütchen-Spieler schlapp oder Maus und Katze jagen sich gegenseitig beim Besuch des Zoos.
Kurzweilig sind diese Episoden der außerirdischen Art und lehrreich, da sie die Spielregeln der Menschheit einfach mal hinterfragen. So kann natürlich nur das alte Kind den großen Baum namens Walter interviewen und den Bau der Straße direkt durch den Stadtwald hintertreiben. Und welcher Mensch ahnt, was für ein Potential in seinem Gummibaum steckt. Und dann beginnt Michell, ein Buch über den Nordpol zu lesen und das ist für das Kind auf diesem Langweilerplaneten das Allergrößte.
So hat die Menschheit doch etwas zu bieten, ein Glück!