Claire Douglas: Still Alive – Sie weiß, wo sie dich findet, Aus dem Englischen von Ivana Marinovic, Penguin Verlag, München 2019, 443 Seiten, €13,00, 978-3-328-101703
„Mein eigenes Leben war ein Scherbenhaufen. Doch sie, sie hatte alles.“
Jamie und Elizabeth, genannt Libby, Hall kennen sich bereits seit fünf Jahren, nun sind sie gut neun Monate verheiratet. Doch nach der Fehlgeburt, einem Brand in der Schule und Libbys selbstloser Rettung eines Kindes, lang und breit hatte die Presse berichtet, benötigen die zwei eine Auszeit. Libby berichtet als Ich-Erzählerin von den Geschehnissen und ihrer Ferienidee, sie könnten ja ihre kleine Wohnung in Bath gegen ein sicher auch kleines Haus in Cornwall für eine Woche tauschen. Ein Flyer in ihrem Briefkasten bot diese Möglichkeit an. Völlig perplex sind die beiden als sie mit ihrem Hund Ziggy dann das einsam stehende Austauschhaus über den Klippen sehen. Familie Heywood, denen das riesige Anwesen gehört, führen ein luxuriöses Leben. Warum, und das fragt sich auch der Leser, wollen gerade Leute, die sich wohl jedes Hotelzimmer leisten können, in einer kleinen Souterrainwohnung voller Hundehaare eine Woche verbringen. Angeblich wollten sie die Wohnung tauschen, da ihre Tochter in der Nähe der Bather Wohnung im Krankenhaus liegt. Neben den Spannungen, die sich zwischen den Eheleuten aufgestaut hatte, geschehen vor Ort seltsame Dinge. Im Keller liegen neben einer kompletten Überwachungsanlage, tote Tiere zum Präparieren.
Die Türen des Hauses stehen offen, obwohl Libby sich genau erinnern kann, dass sie sie geschlossen hat. Ein Nachbar belästigt sie und behauptet, dass die Heywoods gar keine Tochter haben. Als Jamie Würste aus dem gut gefüllten Kühlschrank isst, erleidet er eine Lebensmittelvergiftung. Und dann buddelt der Hund eine blutdurchtränkte Korsage aus, die Polizei kommt und der Urlaub ist zu Ende. Zuhause allerdings geht der Spuk dann weiter. Die Halls stellen fest, dass jemand ihr Konto abgeräumt hat, seltsame Bestellungen werden angeliefert und dann entdecken die Halls eine Leiche im Garten. Der Tote ist Sean Elliot, angeblich der erste Ehemann von Libby. Libby hat nie viel von ihrer Vergangenheit erzählt. Sie fühlt sich eigentlich in Jamies gut situierter Familie wohl, auch wenn da immer noch Hannah, einst die Sandkastenfreundin von Jamie, und ihr Kind mit am Familientisch sitzen. Jamies Mutter hätte lieber Hannah als Schwiegertochter als Libby, so glaubt die junge Frau.
Szenenwechsel – Libby befindet sich zehn Jahre zuvor in Thailand, hier lernt sie Karen Fischer kennen. Der Leser weiß, dass Karen bei einem Brand ums Leben gekommen ist. Karen und Libby hatten sich angefreundet, doch da ist auch noch Harry, ein attraktiver Typ, der beiden gefällt. Allerdings ist Libby eher die durchsetzungsfähige und laute und Karen, die ruhige und freundliche.
Plötzlich stutzt der Leser, denn hier kann ja etwas nicht stimmen. Wer ist eigentlich wer? Welche Geheimnisse verbergen beide jungen Frauen?
Absolut spannend führt der Thriller den Leser in ganz normale Alltagsleben, mit Menschen, die ihre Sorgen haben, sich etwas aufbauen wollen, Spaß im Beruf haben, doch hinter der Fassade verbergen sich Geheimnisse. Die Handelnden wirken so sympathisch und normal und doch kann man nie wirklich in ihre Köpfe sehen. Jamie fragt sich schon, wen er da geheiratet hat. Und Libby holen die Tage in Bangkok bald ein.
Auch wenn die Polizei mal auftaucht, alles was in dieser Geschichte psychologisch genau beobachtet wird und passiert, erklärt sich aus den Geschehnissen in den Kindheiten der beiden Freundinnen.
Wonach sehnt man sich, wenn man alles hinter sich lassen möchte?
Absolut lesenswert, mit überzeugenden Figuren, flott geschrieben mit unglaublich cleveren Wendungen und enorm spannend!