Giancarlo Gemin: Café Morelli, Aus dem Englischen von Gabriele Haefs, Königskinder Verlag, Hamburg 2017, 270 Seiten, €16,99, 978-3-551-56043-8
Der vierzehnjährige Joe lebt mit seiner Familie, die ursprünglich aus Italien stammt, in Wales. Da ist sein Nonno, sein Opa, der immer Opernmusik hört und natürlich das Café Morelli, das seine Mutter führt. Seit es dem Geschäft nicht mehr so gut geht, arbeitet Joes Vater wieder als Elektriker.
Seit einiger Zeit erzählt der Opa immer mehr von früher. Einst kam die Familie vor dem zweiten Weltkrieg nach Wales, weil sie hier auf Arbeit hoffte. Aber nun steht das Café fast vor dem Aus, denn nur noch wenige Kunden finden sich ein und es bringt einfach keinen Umsatz mehr. Prinzipiell geht Joe nicht zur Konkurrenz, auch wenn sein Freund Combi ihm die Pommes vor die Nase hält. Doch dann muss Joes Opa von einem Tag auf den anderen ins Krankenhaus und die zwanzigjährige Cousine Mimi reist an, um der Familie im Café zu helfen. Mimis Anmut und ihre Kochkünste locken die Jungen aus der Umgebung an, sogar Combi schmachtet sie aus der Ferne an. Joe ist ein bisschen eifersüchtig, aber immer wenn der Opa eine Kassette mit seinen Erinnerungen besprochen hat, hört er sich diese zusammen mit Mimi an. Besonders spannend sind die Passagen, in denen Nonno von seinem Vater berichtet, der im 2. Weltkrieg als „Italiener und Feind“ interniert und per Schiff nach Kanada abgeschoben werden sollte. Auf dem Weg in die neue Welt wurde das Schiff torpediert und versenkt. Joes Urgroßvater überlebte wie durch ein Wunder, war aber auf britischem Boden nicht sicher und musste sich verstecken. Bewegend liest sich, wie die eigenen Nachbarn die Familie geschnitten, andere wiederum, besonders die Bergleute, den Morellis geholfen haben.
Joe, der nun wie der Opa mit Begeisterung Opern von Verdi oder Puccini hört, beflügeln all diese Geschichten und er möchte unbedingt das Café weiterführen, aber seine Mutter hat bereits einen Interessenten in Aussicht. Doch Joe gibt nicht auf, er überlegt sich eine Geschäftsidee nach der anderen und kann auch Mimi, die wunderbar italienische Gerichte zaubert, begeistern. Wie die beiden gegen viele Widerstände es schaffen, das Café zu erhalten und was Joe vom Opa über Freundschaft lernt, liest sich einfach wunderbar. Giancarlo Gemin, der heute in London lebt, aber selbst Sohn italienischer Eltern ist, schafft es, in seiner feinfühligen Handlung vom friedlichen Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster Nationen zu erzählen. Es ist ein Plädoyer für Toleranz, Akzeptanz und vor allem Mitmenschlichkeit.
Schade, dass das Imprint Königskinder im Carlsen Verlag seine Tore demnächst schließt. Immerhin fanden viele Jugendbücher mit ausgezeichneten Inhalten und auffälligen Covern hier ihren Platz, die vielleicht für den gängigen Büchermarkt zu sperrig oder auch zu ernst waren, z.B. „Der Himmel über Appleton House“ von S.E.Durrant, von Ruty Sepetys „Salz für die See“ oder von Que Du Luu „Im Jahr des Affen“.
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