Sally Nicholls: Eine Insel für uns allein, Aus dem Englischen von Beate Schäfer, Deutscher Taschenbuch Verlag, Reihe Hanser, München 2017, 241 Seiten, €12,95, 978-3-423-64028-2

„Du bist echt ein guter Bruder“, sagte ich. Er tätschelte mir den Kopf. „Umso besser“, meinte er. „Du bist nämlich eine Teufelsschwester direkt aus der Hölle.“ Aber ich bin ziemlich sicher, dass es als Kompliment gemeint war.

Die zwölfjährige Holly Theresa Kennet lebt mit ihren Brüdern in einem Multikulti-Viertel in London. Ihre Eltern sind gestorben und so kümmert sich der zwanzigjährige Bruder Jonathan um den kleinen Davy und Holly. Die Familie hat nicht viel Geld und lebt in einer kleinen Wohnung über einer Frittenbude. Die Ersparnisse der Mutter sind aufgebraucht, Jonathan hat sein Studium aufgegeben und jobbt nun in einem Café. Aber Holly ist guter Dinge, hat gute Freunde und sagt ungefiltert immer, was sie denkt. Wenn sie erwachsen ist, dann wird sie sich um die Umwelt kümmern und was macht es dann schon, wenn sie heute in einer völlig vermüllten Wohnung lebt. Gemeinsam stehen die drei Geschwister zusammen und sogar den ersten BH für die Schwester kaufen sie zusammen im Billigkaufhaus. Diesen Familiengedanken hegen allerdings nicht die engsten Verwandten der drei Waisen. Eine Tante in Neuseeland finden Holly und Davy nicht gerade sympathisch und ihre reiche Tante Irene scheint so nach und nach paranoid geworden zu sein. Als sie stirbt, wird klar, dass die Kinder ihren Schmuck erben sollen, doch niemand, nicht mal der unausstehliche, geizige Onkel Evan ahnt, wo seine Frau in ihrer Umnachtung Geld, Papiere und besagten Schmuck deponiert hat. Und so beginnt eine ungewöhnliche Schatzsuche.

All diese Geschehnisse, so lässt Sally Nicholls ihre Leser glauben, schreibt Holly auf. Ihr hatte die Tante im Krankenhaus ein Fotoalbum in die Hand gedrückt. Das Mädchen weiß, diese Tante überlegt sich alles, was sie tut und bingo, Holly muss die Orte in den Bildern identifizieren, um herauszufinden, wo der Schatz sein könnte. Dieser Schmuck würde ihrer kleinen Familie viel Kummer ersparen, zumal sie einen Wasserschaden in der Wohnung verursacht haben und Davys Kaninchen Sebastian eine OP benötigt, die Jonathan aber nicht bezahlen kann. Das Jugendamt unterstützt die Familie, aber im Grunde reicht es nicht hinten und nicht vorne. Abenteuerlich ist diese Suche nach der Erbschaft, die die drei Kennys bis nach Schottland und auf die Orkney Inseln führt. Allerdings haben die Kinder nicht mit der Hinterhältigkeit ihres Onkels gerechnet.

Aber eigentlich geht es nicht nur um das seligmachende Geld, es geht um die tiefe Zuneigung zwischen den Geschwistern, ihre enge Verbundenheit, ihren Zusammenhalt und das gemeinsame Erleben.

Eine wunderbare, warme Geschichte, in der denjenigen geholfen wird, die zu ihrem Recht kommen müssen, die bestraft werden, die einfach nicht den Hals voll bekommen.