Frauke Scheunemann: Ziemlich unverbesserlich – Eine Familienkomödie, Verlag Page & Turner, München 2015, 352 Seiten, €14,99, 978-3-442-20414-4

„Gute Güte, Alexander ist aber auch ein Bedenkenträger! Zupacken geht anders. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Simon den Vogel einfach so hätte davonflattern lassen. Aber der Zug ist durch den Bahnhof.“

Sieht man das Cover und liest die ersten Seiten, ist klar, hier muss wieder eine taffe Frau ihr Leben meistern. Sie heißt Nicola Petersen, ist Anwältin für Zivilrecht und lebt mit ihren beiden Kindern in Howe, auf dem Land zwar, aber immer noch in Hamburg. Vor vier Jahren ist sie nach dem Tod ihres Mannes Christoph zur Schwiegermutter Gisela ins Grüne gezogen. Alle zusammen bilden eine gut funktionierende Wohngemeinschaft, denn ohne Hilfe hätte Nicola als Vollzeitkraft und Alleinverdienerin es nicht geschafft. Gisela, einst Lehrerin, unterrichtet an der Volkshochschule ehrenamtlich eine Integrationsklasse. Dort hat sie auch Tiziano Felice und seinen Mitbewohner kennengelernt, ihre neuen Nachbarn. Beide sind nun in argen Schwierigkeiten, denn auf ihrem frisch geerbten Grundstück steht ein Glashaus mit eindeutigem Hanfanbau im großen Stil. Wie sollen die beiden nachweisen, dass sie keine Ahnung hatten, was vor ihrem Einzug und auch später hier vonstatten ging?

Gisela setzt natürlich gleich ihre Schwiegertochter auf diesen Fall an, obwohl das nicht unbedingt Nicolas Spezialgebiet ist. Sie braucht Hilfe und findet diese auch gleich nebenan, im neuen Inhaber der Kanzlei für Strafrecht, Dr. Simon Rupprecht. \nEhe jedoch ein Gespräch zwischen beiden stattfinden kann, muss Nicola so einige Probleme lösen. Der fünfjährige Max muss den Kindergarten verlassen, denn er hat Läuse und Tessa scheint sich in ihrer Pubertät, langsam zur Schlägerin zu entwickeln. Immerhin hat sie ihrer Freundin Luna eine Ohrfeige verpasst. Die Mädchen verstehen sich nicht mehr, weil Tessa sich in Tom verguckt hat, der allerdings vorher mit ihrer Freundin zusammen war. Und dann kommt es noch ärger. Tessa schneidet „aus Versehen“ Luna die Haare im Unterricht ab. Eine Katastrophe! Wie gemein können Mädchen eigentlich sein, wenn es um die Liebe geht?

Aber nicht nur den Hanf-Fall muss Nicola endlich in Angriff nehmen, denn das ist kein Bagatelldelikt, sondern auch noch die Familienangelegenheit von Florentine, die sie in der Kita kennengelernt hat. Florentine wirkt auf den ersten Blick wie eine perfekte, gut betuchte Hamburger Hausfrau, die alles, aber auch alles richtig macht. Doch dann stellt sich heraus, dass der perfekte Ehemann Ulf, ein Unternehmensberater, sich nicht mehr an den Familienplan hält. Sie kümmert sich um die drei Kinder und den perfekten Haushalt und er ist der Ernährer. Kurzerhand hat der gute Ulf seine Familie verlassen, zahlt nur noch den Unterhalt für die Kinder und der reicht nicht mal für die Miete. Von seinem Anwalt erhält die völlig entnervte Florentine einen Brief, der bestätigen soll, dass Ulf sich jetzt neuerdings finanziell in schlechter Lage befinde. Klar, alles gelogen. Detektivische Fähigkeiten sind gefragt, denn zum einen muss herausgefunden werden, wie hoch Ulfs Einkommen wirklich ist und das ist bei einem Freiberufler nicht einfach und zum zweiten müssen Nikola, der äußerst sympathische Dr. Rupprecht, wäre da nicht sein sabbernder Köter Flöckchen, und Gisela das Glashaus observieren, denn nach und nach verschwindet Hanf. Dass der Hanf einst von Erika, die allerdings im letzten Jahr verstorben ist, zu Tee verarbeitet wurde, kommt langsam ans Licht. Schuld daran ist Inge Feddersen, die Mutter von Gorch Feddersen, einem Nachbar im übersichtlichen Howe, der in seinem hohen Alter noch bei Mutti wohnt. Inge kann einfach nicht gut lügen. Keine Frage, die alten Leutchen sind keine kriminelle Bande, ganz im Gegenteil. „Erikas Mischung“ wurde nur an Kranke verteilt, die die hohen Kosten für ihre Canabis-Ration in der Apotheke, nicht mehr zahlen konnten.

Frauke Scheunemann versteht es viele interessante rechtliche Fälle, menschliche Schicksale und den Wahnsinn des Familienalltags in eine unterhaltsame, temporeiche Geschichte mit guten Dialogen und überzeugenden Wendungen zu verpacken. Gewürzt mit Nikolas komischen Kommentaren liest sich dieser Roman, der eindeutig im Chick-Lit-Fahrwasser fährt, leicht und in jeder Lebenslage.

Vielleicht hätte man sich einen besseren Titel ausdenken können.